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Verteidigung in Straßenverkehrssachen


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Rezension von

Dr. Benjamin Krenberger

Verteidigung in Straßenverkehrssachen Aus der Reihe „Praxis der Strafverteidigung“ ragt die nun in 10. Auflage vorliegende Verteidigung in Straßenverkehrssachen gleich aus mehreren Gründen heraus. Zum einen, weil mit diesem Werk die Reihe vor über 20 Jahren begründet wurde, des Weiteren weil nur wenige Handbücher auf so eine konstante und hohe Auflagenzahl verweisen können und schließlich weil dem Werk nunmehr mit der Erweiterung des Autorenteams ein zusätzlicher Schuss an Qualität einverleibt wurde, was im Vorwort seitens der Herausgeber nicht ohne Stolz verkündet wird. Knapp über 500 Seiten erwarten den Leser, der sich typischerweise standardmäßig mit Strafsachen, darunter insbesondere Verkehrssachen befassen muss. Das Werk ist also nicht wirklich als Einführungslehrbuch geeignet, sondern man sollte die Lektüre schon mit gewissem Grundlagenwissen angehen können, um die - naturgemäß - kompakte Zusammenstellung der Themen auch wirklich zur Gänze nachvollziehen zu können. Ganz der modernen Art der Darstellung Folge leistend gibt es neben dem Fließtext ein echtes Fußnotenregime, Praxishinweise, Aufzählungen, Tabellen und einen großen Musterteil am Ende. Auf diese Weise wird zum einen die rasche und effektive Rezeption des Stoffes gewährleistet, zum anderen kann der üblicherweise mit freier Zeit nur spärlich ausgestattete Rechtsanwender professionell nach den für ihn wichtigen Themenkomplexen Ausschau halten. Es gibt einen einzigen Aspekt, der mich an diesem Buch stört, und das ist die Ausklammerung der Bußgeldsachen. Sowohl der Titel des Buches als auch das Vorwort der Herausgeber (wo z.B. von Ordnungswidrigkeiten und Geschwindigkeitsmessungen gesprochen wird, ohne dass z.B. Letztere überhaupt im Inhalts- oder Stichwortverzeichnis auftauchen) könnten auf den ersten Blick den Anschein erwecken, dass zu „Verkehrssachen“ auch die Ordnungswidrigkeiten gehören. Immerhin wird auch dort verteidigt. Diese Thematik ist aber nicht Gegenstand des Werks, was ich inhaltlich sehr bedauere. Zwar würde das Werk bei Aufnahme dann sicher auf deutlich mehr Seiten oder zwei (Teil-)Bände anschwellen, aber die Übergänge zwischen den Verfahren sind doch oft fließend, zumal sich für den Verteidiger durch die Umstellung des Verkehrsregisters nun auch ein ganz anderer Beratungsbedarf ergibt als früher (Stichwort fahrlässige Körperverletzung; die Problematik ist in Rn. 141 ff. nicht einmal erwähnt). Es geht aber letzten Endes im Werk doch „nur“ um Verkehrsstrafsachen und nicht um die Verteidigung in allen Verkehrssachen, wenngleich an vereinzelten Stellen das Bußgeldrecht immerhin erwähnt wird (z.B. bei der Verteidigervollmacht, Rn. 12, bei § 81a StPO, Rn. 244; bei der Auswertung einer Diagrammscheibe, Rn. 906). Was wird inhaltlich geboten? Zunächst erfolgt eine Einführung in das Mandat in Verkehrsstrafsachen, danach ein großer Abschnitt zu den wichtigsten Straftatbeständen, hierauf die wichtigsten strafprozessuale Maßnahmen wie die Fahrerlaubnisentziehung, die isolierte Sperre oder das Fahrverbot. Weitere Kapitel thematisieren die Einstellung des Ermittlungsverfahrens, das Strafbefehlsverfahren, die Verteidigertätigkeit nach Anklageerhebung, die Hauptverhandlung sowie die Kostenentscheidung im Urteil. Ergänzende Ausführungen folgen zu Berufung, Revision, Nebenklage und Adhäsionsverfahren. Das Buch bietet dem Rechtsanwender eine gesunde und gelungene Mischung aus materiell-rechtlichen und prozessualen Ausführungen, dazu praktischen und taktischen Überlegungen. Letztere sind zum Teil in Praxishinweisen, zum Teil im Fließtext selbst enthalten. Diese taktischen Hinweise betreffen aber nicht nur das erfolgreiche Vorgehen im Verfahren, sondern dienen mitunter auch dem Eigenschutz des Verteidigers! (z.B. Rn. 42: Hilfe beim Ausfüllen des Unfallbogens?; Rn. 67: Vergütungsvereinbarung; Rn. 232 f.: Gebührenvorschuss anfordern, wenn die Rechtsschutzversicherung mglw. wegen Vorsatzes nicht zahlen muss; Rn. 376 f.: Rat zu Angaben gegenüber dem Haftpflichtversicherer; Rn. 1168: Hinweis als Verletztenbeistand auf eine kostennachteilige Billigkeitsentscheidung). Vorbildlich ist auch, dass dem Leser an passender Stelle aufgezeigt wird, wenn er als Verteidiger nicht sofort all sein Pulver verschießen sollte, sondern das erst an entscheidender Stelle zu tun (Rn. 106: Umstände des Einzelfalls bei fahrlässiger Tötung). Ebenfalls lobenswert ist die Verquickung von rechtlichen und technischen Details, auf die es bei der Verteidigung eben auch ankommen kann (Rn. 124 ff. zur HWS-Verletzung; Rn. 422 ff. zur Wahrnehmbarkeit des Unfallgeschehens). Der prozessuale Dauerbrenner des Rückschlusses aus der Höhe der gemessenen BAK auf den Vorsatz bei Trunkenheit im Verkehr wird unter Darstellung beider Ansichten ausführlich erörtert (Rn. 229 ff.). Auch wird der ehrenwerte Versuch unternommen, die ständig im Fluss befindliche Rechtsprechung zur Gültigkeit der EU-Fahrerlaubnis auf wenigen Seiten zusammenzutragen und zu bewerten (Rn. 499 ff.). Bei der Diskussion um die Frage der Ausnahmeentscheidung bei der Beschlagnahme bzw. vorläufigen Entziehung der Fahrerlaubnis (Rn. 604 ff.) hätte ich mir eine wenigstens kurze Auseinandersetzung mit der beachtenswerten Ansicht von König gewünscht (Hentschel/König/Dauer, Straßenverkehrsrecht, 42. Aufl., 2013, § 69a StGB, Rn. 5-6a), dass nämlich die Fahrerlaubnisbehörde gar keine Ausnahme-Fahrerlaubnis nur für LKW ausstellen darf, wenn durch den allgemeinen Entzug keine mehr für den PKW vorliegt, sodass auch die rechtliche Gewährung einer solchen Ausnahme durch den Ermittlungs-/Strafrichter eigentlich unsinnig ist. Gut gelungen ist der Hinweis auf die mittlerweile vorliegende Aufgeschlossenheit der Rechtsprechung zur Würdigung der Teilnahme an verkehrspsychologischen Einzelmaßnahmen (Rn. 663), die auch im Bußgeldbereich immer wichtiger wird. Gut gefällt mir das Unterkapitel zur Befragung von Polizeizeugen (Rn. 927), das sich auch Richter immer wieder einmal zu Gemüte führen dürfen. Ebenso lesenswert ist im Abschnitt zur Berufung die deutliche Warnung vor einer allzu langen Zeit ohne Führerschein bei Rechtsmitteleinlegung (Rn. 1066). Erfreulich ist auch die Rezeption der EGMR-Entscheidung zu § 329 StPO, leider aber ohne die inzwischen zahlreich ergangenen gegenteiligen OLG-Entscheidungen zu nennen (Rn. 1074). Zum Schluss lobenswert erwähnen möchte ich die klugen Überlegungen zum Adhäsionsverfahren, beispielhaft zum Vergleichsschluss (Rn. 1210). Insgesamt bin ich von diesem Werk überzeugt und sehr angetan, weil es das Strafverfahren trotz Zuschnitts auf den Verteidiger von vielen verschiedenen Seiten effektiv und pragmatisch beleuchtet. Jeder Verfahrensbeteiligte kann aus der Lektüre des Buches großen Nutzen ziehen, selbst wenn dieser nur in Kleinigkeiten oder assoziativen Aspekten besteht. Deshalb: eine klare Empfehlung meinerseits.

Aus der Reihe „Praxis der Strafverteidigung“ ragt die nun in 10. Auflage vorliegende Verteidigung in Straßenverkehrssachen gleich aus mehreren Gründen heraus. Zum einen, weil mit diesem Werk die Reihe vor über 20 Jahren begründet wurde, des Weiteren weil nur wenige Handbücher auf so eine konstante und hohe Auflagenzahl verweisen können und schließlich weil dem Werk nunmehr mit der Erweiterung des Autorenteams ein zusätzlicher Schuss an Qualität einverleibt wurde, was im Vorwort seitens der Herausgeber nicht ohne Stolz verkündet wird.

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Knapp über 500 Seiten erwarten den Leser, der sich typischerweise standardmäßig mit Strafsachen, darunter insbesondere Verkehrssachen befassen muss. Das Werk ist also nicht wirklich als Einführungslehrbuch geeignet, sondern man sollte die Lektüre schon mit gewissem Grundlagenwissen angehen können, um die - naturgemäß - kompakte Zusammenstellung der Themen auch wirklich zur Gänze nachvollziehen zu können. Ganz der modernen Art der Darstellung Folge leistend gibt es neben dem Fließtext ein echtes Fußnotenregime, Praxishinweise, Aufzählungen, Tabellen und einen großen Musterteil am Ende. Auf diese Weise wird zum einen die rasche und effektive Rezeption des Stoffes gewährleistet, zum anderen kann der üblicherweise mit freier Zeit nur spärlich ausgestattete Rechtsanwender professionell nach den für ihn wichtigen Themenkomplexen Ausschau halten.

Es gibt einen einzigen Aspekt, der mich an diesem Buch stört, und das ist die Ausklammerung der Bußgeldsachen. Sowohl der Titel des Buches als auch das Vorwort der Herausgeber (wo z.B. von Ordnungswidrigkeiten und Geschwindigkeitsmessungen gesprochen wird, ohne dass z.B. Letztere überhaupt im Inhalts- oder Stichwortverzeichnis auftauchen) könnten auf den ersten Blick den Anschein erwecken, dass zu „Verkehrssachen“ auch die Ordnungswidrigkeiten gehören. Immerhin wird auch dort verteidigt. Diese Thematik ist aber nicht Gegenstand des Werks, was ich inhaltlich sehr bedauere. Zwar würde das Werk bei Aufnahme dann sicher auf deutlich mehr Seiten oder zwei (Teil-)Bände anschwellen, aber die Übergänge zwischen den Verfahren sind doch oft fließend, zumal sich für den Verteidiger durch die Umstellung des Verkehrsregisters nun auch ein ganz anderer Beratungsbedarf ergibt als früher (Stichwort fahrlässige Körperverletzung; die Problematik ist in Rn. 141 ff. nicht einmal erwähnt). Es geht aber letzten Endes im Werk doch „nur“ um Verkehrsstrafsachen und nicht um die Verteidigung in allen Verkehrssachen, wenngleich an vereinzelten Stellen das Bußgeldrecht immerhin erwähnt wird (z.B. bei der Verteidigervollmacht, Rn. 12, bei § 81a StPO, Rn. 244; bei der Auswertung einer Diagrammscheibe, Rn. 906).

Was wird inhaltlich geboten? Zunächst erfolgt eine Einführung in das Mandat in Verkehrsstrafsachen, danach ein großer Abschnitt zu den wichtigsten Straftatbeständen, hierauf die wichtigsten strafprozessuale Maßnahmen wie die Fahrerlaubnisentziehung, die isolierte Sperre oder das Fahrverbot. Weitere Kapitel thematisieren die Einstellung des Ermittlungsverfahrens, das Strafbefehlsverfahren, die Verteidigertätigkeit nach Anklageerhebung, die Hauptverhandlung sowie die Kostenentscheidung im Urteil. Ergänzende Ausführungen folgen zu Berufung, Revision, Nebenklage und Adhäsionsverfahren.

Das Buch bietet dem Rechtsanwender eine gesunde und gelungene Mischung aus materiell-rechtlichen und prozessualen Ausführungen, dazu praktischen und taktischen Überlegungen. Letztere sind zum Teil in Praxishinweisen, zum Teil im Fließtext selbst enthalten. Diese taktischen Hinweise betreffen aber nicht nur das erfolgreiche Vorgehen im Verfahren, sondern dienen mitunter auch dem Eigenschutz des Verteidigers! (z.B. Rn. 42: Hilfe beim Ausfüllen des Unfallbogens?; Rn. 67: Vergütungsvereinbarung; Rn. 232 f.: Gebührenvorschuss anfordern, wenn die Rechtsschutzversicherung mglw. wegen Vorsatzes nicht zahlen muss; Rn. 376 f.: Rat zu Angaben gegenüber dem Haftpflichtversicherer; Rn. 1168: Hinweis als Verletztenbeistand auf eine kostennachteilige Billigkeitsentscheidung). Vorbildlich ist auch, dass dem Leser an passender Stelle aufgezeigt wird, wenn er als Verteidiger nicht sofort all sein Pulver verschießen sollte, sondern das erst an entscheidender Stelle zu tun (Rn. 106: Umstände des Einzelfalls bei fahrlässiger Tötung). Ebenfalls lobenswert ist die Verquickung von rechtlichen und technischen Details, auf die es bei der Verteidigung eben auch ankommen kann (Rn. 124 ff. zur HWS-Verletzung; Rn. 422 ff. zur Wahrnehmbarkeit des Unfallgeschehens). Der prozessuale Dauerbrenner des Rückschlusses aus der Höhe der gemessenen BAK auf den Vorsatz bei Trunkenheit im Verkehr wird unter Darstellung beider Ansichten ausführlich erörtert (Rn. 229 ff.). Auch wird der ehrenwerte Versuch unternommen, die ständig im Fluss befindliche Rechtsprechung zur Gültigkeit der EU-Fahrerlaubnis auf wenigen Seiten zusammenzutragen und zu bewerten (Rn. 499 ff.).

Bei der Diskussion um die Frage der Ausnahmeentscheidung bei der Beschlagnahme bzw. vorläufigen Entziehung der Fahrerlaubnis (Rn. 604 ff.) hätte ich mir eine wenigstens kurze Auseinandersetzung mit der beachtenswerten Ansicht von König gewünscht (Hentschel/König/Dauer, Straßenverkehrsrecht, 42. Aufl., 2013, § 69a StGB, Rn. 5-6a), dass nämlich die Fahrerlaubnisbehörde gar keine Ausnahme-Fahrerlaubnis nur für LKW ausstellen darf, wenn durch den allgemeinen Entzug keine mehr für den PKW vorliegt, sodass auch die rechtliche Gewährung einer solchen Ausnahme durch den Ermittlungs-/Strafrichter eigentlich unsinnig ist. Gut gelungen ist der Hinweis auf die mittlerweile vorliegende Aufgeschlossenheit der Rechtsprechung zur Würdigung der Teilnahme an verkehrspsychologischen Einzelmaßnahmen (Rn. 663), die auch im Bußgeldbereich immer wichtiger wird. Gut gefällt mir das Unterkapitel zur Befragung von Polizeizeugen (Rn. 927), das sich auch Richter immer wieder einmal zu Gemüte führen dürfen. Ebenso lesenswert ist im Abschnitt zur Berufung die deutliche Warnung vor einer allzu langen Zeit ohne Führerschein bei Rechtsmitteleinlegung (Rn. 1066). Erfreulich ist auch die Rezeption der EGMR-Entscheidung zu § 329 StPO, leider aber ohne die inzwischen zahlreich ergangenen gegenteiligen OLG-Entscheidungen zu nennen (Rn. 1074). Zum Schluss lobenswert erwähnen möchte ich die klugen Überlegungen zum Adhäsionsverfahren, beispielhaft zum Vergleichsschluss (Rn. 1210).

Insgesamt bin ich von diesem Werk überzeugt und sehr angetan, weil es das Strafverfahren trotz Zuschnitts auf den Verteidiger von vielen verschiedenen Seiten effektiv und pragmatisch beleuchtet. Jeder Verfahrensbeteiligte kann aus der Lektüre des Buches großen Nutzen ziehen, selbst wenn dieser nur in Kleinigkeiten oder assoziativen Aspekten besteht. Deshalb: eine klare Empfehlung meinerseits.

geschrieben am 08.02.2014 | 903 Wörter | 5890 Zeichen

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