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Interview mit dem Autor Dominik Irtenkauf


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Oliver Lippert: Bitte stell Dich doch mal unseren Lesern vor.

Dominik Irtenkauf: Mit dem Schreiben habe ich einiges zu tun. Eigentlich ist es wie eine Art Sucht, sich in den Seiten eines Buchs zu verlieren. Dabei ist mein Interesse nicht auf eine bestimmte Epoche oder Stile eingeschränkt. Gut, am Anfang arbeitet man sich als Autor stark an den Vorbildern ab; das war in meinem Fall die Literatur des 19. und frühen 20. Jahrhunderts. Mit der Zeit habe ich den Zugang zu zeitgenössischer Literatur gefunden. Mir wurde eine philosophische Erkenntnis zugetragen, die ich eigentlich gar nicht verstehen konnte, weil ich bereits einen anderen Weg eingeschlagen hatte. Mir wurde mitgeteilt, ich sei ein sehr lebensferner, im Umgang leerer, innerlich und äußerlich beinahe verwahrloster Mensch. Das stimmt insofern, da ich mir einen Bart wachsen lasse, was bei manchen Zeitgenossen auf "äußerliche Verwahrlosung" schließen lässt. Es geht eigentlich niemanden etwas an, aber die innerliche Verwahrlosung rührt immer mal wieder vom Liebeskummer her, der mich - so Gott will - in regelmäßigen Abständen heimsucht. Seltsamerweise teilt mir ein Teil der Leser meiner literarischen Stücke auf persönlichem oder schriftlichem Wege mit, sie fänden meine Geschichten authentisch und alles andere als "lebensfern". Wer sagt mir denn, daß ich all mein Schaffen so ernst nehmen muß, daß mir die Luft zum Atmen wegbleibt? Wer meine Werke nicht gut findet, soll sie eben meiden. Jeder Autor findet seine Leser. Diese seltsam verkurbelte Ansicht, der Schriftsteller arbeite aus sich selbst heraus und bräuchte keine Rückmeldung seiner Leser, ist ein Faustschlag in mein Gesicht. Dieser Überzeugung hängt so viel Selbstmitleid an, daß es mir schlecht wird. Dann, lieber Autor, bitte ich dich, deine Texte für dich zu behalten. Wenn du so viel aus dir selbst herausarbeitest, siehst du gar nicht, was sich sonst noch abspielen kann. Es gibt nicht nur das, was du arbeitest. Die Geschmäcker sind verschieden. Und ich verbitte mir einen philosophischen Mißbrauch meiner Person in der Form, daß mein literarisches Schaffen auf die Goldwaage gelegt wird, und auf mich nicht zutreffende Ansprüche gestellt werden. Die Vermessenheit, sich aus philosophischer Argumentation heraus auf eine wo auch immer aufzufindende Vernunft zu berufen, wenn meine Literatur ins Blickfeld gerät, lasse ich nicht zu, was mir den Vorwurf der Intoleranz einbringen kann. Ich gebe hierbei zu bedenken, daß es nicht DIE eine Wahrheit gibt, an der alle Ansprüche abgeglichen werden müssen. Es gibt viele Menschen, und jeder denkt sich bei der Literatur was anderes. Ich danke meiner Muse, die mir die Augen für diese eine kleine Wahrheit geöffnet hat. Letztes Jahr habe ich mein Studium der Literaturwissenschaften und Philosophie abgeschlossen. Das nenne ich jetzt der Ehrlichkeit halber. Denn es sind immer wieder Gerüchte im Umlauf, solche Wissenschaftler könnten keine Prosatexte schreiben, die nicht nur interessant, sondern auch unterhaltsam sind. Das Schreiben wird immer weiter gehen, bis zum Lebensende, denke ich mal. Ich bin von meiner Sache schon recht überzeugt. Vor allem, weil sich die einzelnen Phasen organisch aneindergefügt haben. Dieses Jahr trete ich noch ein Auslandsstipendium am Kaukasus an, was mich – dessen bin ich mir sicher – auf eine nächste Ebene hieven wird. Ansonsten bin ich begeisterter Musikliebhaber, alles was rockt und fetzt, spricht mich an. Aber ebenso viel Electronica-Zeugs; experimentelle Dinge wie The Mars Volta, Fantomas, Ulver gehören auch mit zu. Zu meiner Motivation generell, folgendes: Mein Ziel geht eigentlich gegen das Leben. Ich sehe Menschen, die in Schubladen denken, die gerne Fremde katalogisieren, die nur das Beste haben wollen, und das aber möglichst billig, besser noch umsonst. Alles, was lebt, will sich bestätigt wissen, will überleben, alles vernichten, was ihm schadet. Dieses rücksichtslose Wollen, die Begierde, die Wollust versuche ich durch schreiberische Askese zu bekämpfen. Ich versuche, mich von diesen Begierden zu befreien, einen Raum zu suchen, der Ideale ewig bewahren kann. Keine Zweckgemeinschaft der Liebe, keine Ausbeutung, kein hemmungsloser Konsum. Davor flüchte ich mich. Aber nicht dergestalt, daß ich eskapistische Literatur schreibe, Waldtroll-Fantasy und dgl., sondern indem ich mich immer mehr der Welt um mich annähere, sie zu verstehen suche. Indem ich gegen das Leben schreibe, lerne ich erneut den Menschen zu lieben, wie er ist und v.a., wie er sein könnte. Man muß aufpassen, nicht ein Dogma zu verabschieden und sich in seinem Stil wohl zu fühlen. Deswegen versuche ich, immer selbstkritisch zu bleiben. Ich möchte mich niemals auf meinen Lorbeeren ausruhen. Jedes Buch ist wieder ein weiterer Lebensabschnitt.

Oliver Lippert: Kannst / Möchtest Du näheres zum Auslandsstipendium erzählen? Was erwartest Du davon und wie könnte die Ebene aussehen auf welche dieses Auslandsstipendium Dich bringen wird?

Dominik Irtenkauf: Sicher. Es geht für ein Vierteljahr nach Georgien. Und dort am Kaukasus gehe ich der Frage nach, ob dieses ein wenig vergessene Land über die griechische Mythologie mit unserem Land verbunden ist. Ich denke, daß ich neben den üblichen Erfahrungen, die man bei einem Auslandsaufenthalt macht, viel über dieses Land zwischen Okzident und Orient lernen werde. Aus der Beschäftigung dort wird ein Buch entstehen, das nach Publikation in einem deutschen Verlag auch ins Georgische übersetzt werden wird. Da es in dieser Richtung noch nicht allzu viel Literatur gibt, verspreche ich mir etwas mehr Aufmerksamkeit für mein Schaffen von dem Stipendium. Zunächst ist die Gewährung eines solchen Stipendiums ein kleiner Erfolg, was mich schon mal sehr gefreut hat. Darüber hinaus denke ich, daß dieses Projekt etwas zum Europa-Gedanken beitragen kann, ohne auf fade politische Lippenbekenntnisse angewiesen zu sein. Europa entsteht schließlich nicht, wenn man eben besonders billig im Nachbarland einkaufen geht. Auf der kulturellen Seite werde ich einiges erleben können. Auswirkungen auf meinen Stil, mein künstlerisches Denken wird der Aufenthalt unweigerlich haben. Da bin ich mir ziemlich sicher. Ich möchte an dieser Stelle einen herzlichen Gruß an meinen sehr guten Freund Dato Barbakadse aussprechen, der momentan in Tbilissi verweilt und in mir die erste Sympathie für die georgische Literatur und Kultur erweckt hat.

Oliver Lippert: Könntest Du Dir vorstellen, eine Fortsetzung Deiner Bücher zu schreiben oder ergänzende Fassungen zu veröffentlichen? Wenn ja widerspricht sich das nicht mit dem, dass ein Buch ein Lebensabschnitt darstellt?

Dominik Irtenkauf: In gewisser Weise schon. Ich nutze bereits geschriebene Bücher als Unterlage für noch zu schreibende. Nicht durchweg, aber es bietet sich aufgrund einer gewissen Konsequenz im eigenen literarischen Schaffen an. Am Ende des Lebens zieht sich möglicherweise ein roter Faden durch alle meine Bücher. Manche Bücher sind bewußt fragmentarisch angelegt, da das behandelte Thema zu umfangreich wäre. Aber wenn ich selbst diese Bücher nochmals zur Hand nehme, stoße ich auf Unausgeglichenes und denke mir: Komm', jetzt verwirrst du deine treue Leserschaft, wenn du eine hast. Schreib' das Buch nochmals neu. Ändere es um. Betrachte es wie einen Song, den du diesmal nicht auf der Gitarre spielst, sondern lediglich auf dem Bass. Dazu noch einige Triolen auf dem Schlagzeug, wo zuvor nur ein Takt durchgehalten wurde. So entstehen aus einmal geschriebenen Texten neue Perspektiven. Jeder weitere Text - und sei es "bloß" eine Rezension - hängt mit dem vorgehenden und dem nachgehenden zusammen. Wenn man sich im Schreibprozeß befindet, verschwimmen die klaren Grenzen und man schafft, wuchtet, hämmert, drückt, presst - wie bei einer Geburt. Hm ja, vielleicht ist das (literarische) Schreiben die einzige Möglichkeit für einen Mann, eine Frau zu werden. Ihre Gefühle zu erahnen, ihre Angst, ihren Atemstoß, ihren Stolz, ihre Wollust und letztlich ihre Ehrfurcht vor dem neuen Leben, dem sie Zutritt in unsere Welt verschafft. Ergänzende Fassungen schließe ich jedoch aus. Wenn ein Buch geschrieben ist, ist es geschrieben. Es schreibt sich dann in den Köpfen der Leserschaft und in meinem Leben fort. Es wuchert in mir weiter, bis es an die Oberfläche drückt und ich nicht anders kann, als den Druck rauszulassen. Eine Geburt also, nachdem man eine Zeit lang mit einem Gedanken schwanger gegangen ist.

Oliver Lippert: Könntest Du unseren Lesern kurz erzählen, was Du in Deiner bisherigen Schaffensphase schon veröffentlicht hast und worum es in den einzelnen Schriften geht?

Dominik Irtenkauf: Einiges. Begonnen hat es mit einer Broschüre beim Hadit-Verlag zu einem Thema, das mich immer noch bewegt: Sprachmagie und Alchemie. Würde das mittlerweile sicher anders angehen. Weniger verspielt, mehr auf den Punkt gebracht, klarer Ausdruck. Dennoch stehe ich nach wie vor hinter meinem Debüt. Zu Beginn habe ich das Schreiben als eine Trutzburg gegen die Außenwelt aufgebaut, was mittlerweile durch ein lebendiges Gefühl nach und nach abgebaut wird. Die zweite Broschüre – Subkultur und Subversion. Wanderer zwischen Zeichen, Zeiten und Zeilen – drückt mehr aus, als auf nur 32 A5-Seiten zur Darstellung gebracht werden kann. Sie erschien im Crago-Verlag. Sie ist mittlerweile in der Erstauflage von 100 Stück vergriffen. Ich überlege mir schon seit geraumer Zeit eine Neuauflage, was der Verlag auch begrüßen würde. Darin lege ich meinen Umgang mit Szenen einer Subkultur dar; auf eine gewisse Weise besitzt die Schrift auch eindeutig autobiographische Züge. Dies wird auf eine kritische Ebene gehoben, wodurch ich eine Basis für meinen Umgang mit eigener Literatur und den Veröffentlichungsorten erhielt. Es geht darum, wie man sich in einer Szene orientiert, um schließlich die Zelte abzubrechen und sich unabhängig, aber dennoch ins Geschehen involviert, im Dschungel der Aktiven durchzuschlagen. Das war 2003. Im selben Verlag wurde mit einer Ko-Autorin noch eine Broschüre zum Verhältnis zwischen Journalismus und Kunst veröffentlicht. Danach kehrte erstmal ein wenig Ruhe ein. Die nächste Publikation war dann das Teufelsbuch (vgl. weiter unten). Dieses Jahr stehen noch mindestens zwei weitere Bücher aus: einerseits eine Prosasammlung mit Werken aus der Spanne von 1998 bis 2005 beim mischwesen-autorenverlag aus München und mein Debütroman beim BLITZ-Verlag (vgl. die letzte Frage). Es bleibt also bewegt!

Oliver Lippert: Rückblickend: Würdest Du immer noch die einzelnen Essays und Schriften so schreiben oder denkst Du mittlerweile, dass einiges vielleicht überflüssig geworden ist oder anders geschrieben werden sollte?

Dominik Irtenkauf: Sicher hat sich vieles verändert. Besonders in der angesprochenen Prosasammlung beim mischwesen-autorenverlag wird man Texte aus der Zeitspanne von 1998 bis 2005 vorfinden. Eine lange Zeit. Wenn man bedenkt, daß wir mittlerweile im Jahr 2007 angelangt sind und ich eine gewisse Diät halte, was meinen sprachlichen Ausdruck angeht, so unterscheiden sich gerade entstehende oder bereits entstandene Schriften wieder sehr von meinen ersten Versuchen von 1997. Das sind immerhin zehn Jahre! Begonnen habe ich bereits mit zwölf Jahren, mit kleinsten Zeitschriften im Familien- und Freundeskreis, bei denen sich mein eigener kreativer Anteil aber auf ein Minimum beschränkte. Von meinem Vater habe ich einen 286er-PC geschenkt bekommen, mit einem Textverarbeitungsprogramm, also mussten die vorhandenen Instrumente irgendwie verwendet werden. Und das natürlich auch alles mit Kreativität. So begann eine andauernde Auseinandersetzung mit dem Schreibprozeß. Schön ist, daß sich mittlerweile professionelle Strukturen abzeichnen. Andererseits baue ich noch auf meine allerersten Erfahrungen auf. Unter anderem haben mir die Jahre 1995 bis 2000 in der Musikszene viel gebracht, bei der Ko-Herausgabe des Fanzines Mystical Music. Dort habe ich das erste mal gelernt, wie man ein Projekt koordiniert, mit Leuten in Kontakt tritt, diesen auch hält und sich mit anderen kreativen Menschen so zusammensetzt, daß am Schluß eine überzeugende Publikation entsteht.

Oliver Lippert: Deine Veröffentlichung die ich bisher lesen konnte ist das aktuelle „Der Teufel in der Tasche“, welches im Edition Esoterick Verlag erschienen ist. Wie kam es zu dieser Veröffentlichung bei dem Verlag und wie ist die bisherige Zusammenarbeit?

Dominik Irtenkauf: Ich hatte bereits bei der Zeitschrift Schwarz & Magisch des Verlags mitgewirkt und habe dann, als ich merkte, daß ich mehrere Texte zum Thema Teufel in der Schublade beziehungsweise auf der Festplatte liegen hatte, den Verleger auf eine Buchpublikation angesprochen. Lars Kronlob von der Edition Esoterick ist sehr zügig, wenn es um Promotionmailings geht. Auch ansonsten kann ich mich nicht beklagen. Er steht voll hinter dem Buch. Gerade bei einem Thema, das nicht unbedingt den Massenmarkt bedient, ist ein Verlag in einer solchen Größenordnung von Vorteil. Von Anfang an wurde eine Abmachung getroffen: gegenseitige Unterstützung und Vermarktung des Buchs.

Oliver Lippert: „Der Teufel in der Tasche“ beinhaltet eine eher gehobene Sprache, ist das bewusst und stellt das Deiner Meinung eine mögliche Ausschließung von Personen da, die sich nicht mit allzuvielen Fremdbegriffen beschäftigen wollen?

Dominik Irtenkauf: Wenn man At The Gates zu lieben gelernt hat, will man nicht mehr unbedingt zu Humpa zurück. Die große Kunst macht es dann aus, daß man einerseits Reaktionen zur Kenntnis nimmt, andererseits zu seiner eigenen Vorliebe beim Schreiben einsteht. Es ist schwer, große Namen in sich aufzusaugen und dennoch eine eigene Linie zu verfolgen. Mein Stil hat sich schon recht verändert. In Deiner Rezension auf der Homepage hast Du meinem Buch ja durchaus einen gewissermaßen unterhaltsamen Charakter eingeräumt. Die artistische Aufbereitung meiner ursprünglichen Gedanken versucht eine Schneise in die ewige Bildverarbeitungsmaschinerie zu schlagen. Dadurch wird das Buch für manche Leser eine Herausforderung – das ist mir durchaus bewußt. Ich wollte jedoch nicht allein über den Teufel in einer verständlichen Sprache schreiben, sondern sein Prinzip auch in meinen Ausdruck fließen lassen. Es untersteht natürlich dem Urteil der Leserschaft, ob mir das gelungen ist. Mit dem Teufel habe ich längst noch nicht abgeschlossen. Also, ich denke, daß da zumindest für einen weiteren Band genügend Ideen und Stoff vorhanden sind.

Oliver Lippert: Wird es ein seperater Band werden oder "nur" auf eine Ergänzung des bestehendes Bandes hinauslaufen? Wird für beides wieder der Edition Esoterick-Verlag in Erwägung gezogen? Gibt es konkrete Pläne, Grundrisse, etc., die Du hier preisgeben kannst / möchtest?

Dominik Irtenkauf: Nein, nein. Es gibt noch keine konkreten Pläne. Eine Novelle zu einem Höllenaufenthalt mit Titel Pottwal ist jedoch bereits fertig getippt. Auf jeden Fall wird es ein separater Band werden. Gut möglich ist auch eine Veröffentlichung in der Edition Esoterick, obwohl ich mit Lars Kronlob noch nichts in der Hinsicht ausgehandelt habe. Ich kann das alles nicht so planen. Es bleibt eben bewegt! Was ich schon deutlich weiß, ist, daß es systematischer als Der Teufel in der Tasche sein wird. Also, der erste Satz hängt mit dem allerletzten Satz zusammen, ganz so, als wäre es eine Netztasche, deren Bügel mit dem Beutel verbunden sind, und wenn man den Bügel abschneidet, ist der Transport des Beutels eher lästig, sprich: eine Tasche ist keine Tasche mehr. Der Teufel wird nicht in einzelnen Schlaglichtern beleuchtet, sondern in einem Rundumschlag. Ein philosophisches System wird es trotz allem nicht werden. Laßt Euch einfach überraschen! Das ist die beste Strategie.

Oliver Lippert: In Bezug auf den Inhalt des Buches: Wie steht es denn mit Deinem Glauben? Hältst Du einen Glauben für eine Notwendigkeit in der Gesellschaft, unabhängig davon ob es möglicherweise eine Gottheit oder mehrere gibt, damit die Gesellschaft einen gewissen Zusammenhalt bekommt bzw. ein gewisses Selbstvertrauen und Zuspruch erhält. Dass es Menschen gibt, die einem für Erleichterung des Gewissens (Beichte) zur Verfügung stehen ?

Dominik Irtenkauf: Das ist eine sehr komplexe Frage. Ich versuche, so einfach wie möglich darauf zu antworten. Ja, ich bin selbst religiös, aber hierfür brauche ich keine Institution, sondern ein gutes Herz und Zugang zu den heiligen überlieferten Texten. Ich vertrete eher eine Ansicht, wie es der Teufel in den fünf Kapiteln meines Buches hält: stets auf der Suche nach dem verborgenen Inhalt der Überlieferung. Für mich sind gewisse Werte von hoher Bedeutung, wie Freundschaft, Ehrlichkeit und Verlässlichkeit. Das hängt nicht unbedingt an einem Glauben, der eigentlich bloß zur Abgrenzung nach außen dient. Sicher findet man sich irgendwann mit anderen Menschen wieder, weil sich gewisse Interessensgruppen nach einiger Zeit herausbilden. Wenn dieses Zusammenfinden aus Hilflosigkeit und Unselbständigkeit geschieht, kennt mein hartes Urteil keine Gnade. Ich halte sehr viel von kluger und ehrlicher Einschätzung der eigenen Person. Das Problem bei größeren Mengen ist die Profilierungssucht der Etikettenträger. Man gehört zu diesem Glauben, zu dieser Gruppe, zu diesem Klientel und wiegt sich in Sicherheit, wenn die Erwartungen erfüllt werden. Mein Buch habe ich geschrieben, um diese Erwartungen zu enttäuschen und zugleich durch Wortwitz und artistischen Schabernack ein Lächeln auf die Gesichter der Leser zu zaubern. Meine Devise ist, auf den Punkt gebracht, folgende: Lieber einen kleinen Umweg gehen, dabei ein wenig mehr Zeit zum Nachdenken zu bekommen, als schnurstracks den geraden Weg einzuschlagen. Oft kommt man auf den krummen Wegen zum Ziel, wunderlich genug!

Oliver Lippert: Du warst, so hast Du mir geschrieben, auf der Leipziger Buchmesse. Wie war es da?

Dominik Irtenkauf: Turbulent und hektisch, aber besser als auf der Frankfurter Buchmesse, da letztere eindeutig kommerzieller ist, deutlicher auf den Marktaspekt ausgerichtet. Ich habe bei einem befreundeten Verleger (Edition Araki aus Leipzig) ausgeholfen. Zudem mich über die aktuelle Marktlage informiert. Angetan war ich vor allem von den sogenannten ‚Independents‘, die ein interessantes Programm neben den etablierten Verlagshäusern fahren. Die Tendenz auf dem Buchmarkt ist nicht viel anders als in der Musikszene: es schließen sich immer mehr kleine Verlage zusammen bzw. werden von großen Häusern aufgekauft. Es schreibt eine Unzahl von Berufenen, genauso wie es in der Musik haufenweise handwerklich einwandfreie Gruppen gibt, denen aber das gewisse Etwas fehlt. Für einen unabhängigen Autor ohne große finanzielle Rückendeckung ist es da nicht unbedingt leicht. Da aber generell der Phantasie keine Grenzen gesetzt sind, kann man immer wieder neue Bekanntschaften – auch auf einer Buchmesse – schließen. Was nach der ersten Euphorie übrig bleibt, steht natürlich auf einem anderen Blatt. Es hat sich dennoch für mich ganz persönlich gelohnt.

Oliver Lippert: Wird es eine Kooperation mit dem befreundeten Verlag geben, also jetzt in Bezug auf eine Veröffentlichung oder mehrere?

Dominik Irtenkauf: Nicht unbedingt. Aber in naher Zukunft sicherlich. Ich bevorzuge bislang einen engen persönlichen Kontakt zu meinen Verlegern, werde aber - so es sich ergibt - den Weg zu einem großen Verlag sicher nicht scheuen. Es sollte jedenfalls nicht der Eindruck entstehen, daß alles irgendwie eine liebe große Vetternwirtschaft ist. Freundschaft und Zuneigung erachte ich jedoch als essentiell für einen Menschen, der sich künstlerisch artikuliert. Besagter Verlag hat aber bereits Interesse an meinem Georgien-Projekt angezeigt, aber sicher ist noch nichts spruchreif. Mal schauen. Es geht mir nicht unbedingt um die Befriedigung einer Veröffentlichungswut, sondern um regen Austausch mit freischaffenden Künstlern und Verlegern, Leuten der Branche, um dadurch am Puls der Zeit zu lauschen. Man tauscht sich ja doch am liebsten mit Menschen aus, die auf derselben Wellenlinie liegen. Es ist auch nicht nur so, daß ich bloß meine eigenen literarischen Projekte verfolge, sondern auch andere Leute, deren Zeugs mir gut reingeht, unterstütze. Mal schauen, welcher Wirbelsturm nächstens die Köpfe der bundesdeutschen Gemütlichkeit aufschüttelt.

Oliver Lippert: Wie kam es eigentlich zu der Veröffentlichung Deiner Kurzgeschichte „Mumienglanz in der Nekrophilharmonie“ im „Der ewig dunkle Traum“ - Buch, dem ersten Teil der Wolfgang Hohlbein Schattenchronik?

Dominik Irtenkauf: Alisha Bionda ist eine langjährige Förderin meines literarischen Schaffens. Sie fragte an und ich konnte nicht widerstehen, ha, ha. Es erscheint beim BLITZ-Verlag übrigens auch mein Debütroman Ende dieses Jahres, in der Reihe Sherlock Holmes‘ Criminal-Bibliothek. Ist der Band 6 und hört auf den Titel Holmes und das Elfenfoto. Der Roman verspricht einen spannenden Mystery-Thriller, der für mich in bezug auf Plotentwicklung und Eingängigkeit eine völlig neue Erfahrung war.

Oliver Lippert: Vielen Dank für das Interview. Gibt es etwas, was Du Deinen und unseren Lesern mitteilen möchtest? Alles gute für die Zukunft.

Dominik Irtenkauf: Auch Dir herzlichen Dank für die interessanten Fragen. Lest mehr! Vor allem dieses Interview. Und wenn's was gibt, einfach schreiben. Ich beiße nicht, auch wenn ich Löwe bin.

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