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Die Katze, der Regen, das Totenreich


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Rezension von

Matthias Pierre Lubinsky

Die Katze, der Regen, das Totenreich Joachim Kalka stellt seinem neuen Essayband »Die Katze, der Regen, das Totenreich« unter anderen einen Satz von John Keats voran: Die negative Fähigkeit – das heißt: wenn der Mensch fähig ist, sich im Ungewissen, Geheimnisvollen, Zweifelhaften zu befinden, ohne irritiert nach Tatsachen und Gründen zu haschen. Er könnte stellvertretend als Motto für all die Themenfelder stehen, die der Berliner Autor und Übersetzer so nonchalant beackert: Ob der Teufel, das Kismet, der Regen oder der Halbschlaf, Kalka fügt sensible Sichtweisen, Reflexionen und Gedanken zusammen mit Bruchstücken aus seiner profunden Belesenheit. Der Essay über den Regen beginnt mit Allgemeinplätzen, mag manch Leser sagen. Doch bewusst sind sie einem nicht: Der Regen heißt: unmittelbare Präsenz von Natur. Man wird naß. Das kann ärgerlich sein, aber es bietet auch Gelegenheit zur Einübung in den Stoizismus, und wenn man einmal richtig durchnäßt wird, bemerkt man auch die sinnliche Qualität dieser Berührung durch ein Element. Man empfindet einen gewissen Stolz, sich durchzuschlagen durch das vertikale Wasser; die Heimkehr aus dem Regen ist die Urform des gelungenen Abenteuers. Joachim Kalkas Essays sind launige Flanierereien; Geltendwerdenlassen von Ideen verknüpft mit Fundstücken aus der Literatur: Niemand, nicht einmal der Regen, hat so kleine Hände zitiert der Autor aus einem Gedicht von E. E. Cummings und kommentiert lakonisch, es sei »hübsch, die Erotik des Regens so beiläufig beschworen zu sehen«. Der Leser folgt den geistigen Spaziergängen mit guter Laune, - ist er doch selten so angenehm und leicht unterhalten worden. Als Nebeneffekt stellt sich für den an der Literatur Interessierten ein, dass er durch die Zitate einen anderen Blick auf bereits gelesene Klassiker erhält. Die Sicht wird geschärft, wie ein Huysmans oder ein Goethe etwas beschrieben, in ihre Dramaturgie einbauten, was in uns sogleich die erwarteten Assoziationen weckt. Als Leser von Joachim Kalkas Entspannungsübungen erwischt man sich häufig bei einem leichten Staunen ob der Selbstverständlichkeiten, die man da liest; - auf die man selbst aber nicht gekommen wäre: Der Regen ist von schöner Gleichgültigkeit, er antwortet nicht. Nicht unserer Stimmung; diese muß vielmehr ihm zu antworten verstehen. Nicht unserer Lage, die muß versuchen, sich von ihm unabhängig zu gestalten. Joachim Kalka ist Mitglied der Deutschen Akademie für Sprache und Dichtung und der Bayerischen Akademie der schönen Künste. Seine Übersetzungen fanden allgemeine Anerkennung; - so von Christopher Isherwood, John Maynard Keynes und A. J. Liebling. So erklärt sich das internationale Air seiner Flanierstücke, die doch eher französisch anmuten als deutsch. Welch gedankenschwerer Deutsche kommt schon auf solch profane Sätze wie: Der Regen läßt uns das Zimmer genießen.

Joachim Kalka stellt seinem neuen Essayband »Die Katze, der Regen, das Totenreich« unter anderen einen Satz von John Keats voran:

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Die negative Fähigkeit – das heißt: wenn der Mensch fähig ist, sich im Ungewissen, Geheimnisvollen, Zweifelhaften zu befinden, ohne irritiert nach Tatsachen und Gründen zu haschen.

Er könnte stellvertretend als Motto für all die Themenfelder stehen, die der Berliner Autor und Übersetzer so nonchalant beackert: Ob der Teufel, das Kismet, der Regen oder der Halbschlaf, Kalka fügt sensible Sichtweisen, Reflexionen und Gedanken zusammen mit Bruchstücken aus seiner profunden Belesenheit. Der Essay über den Regen beginnt mit Allgemeinplätzen, mag manch Leser sagen. Doch bewusst sind sie einem nicht:

Der Regen heißt: unmittelbare Präsenz von Natur. Man wird naß. Das kann ärgerlich sein, aber es bietet auch Gelegenheit zur Einübung in den Stoizismus, und wenn man einmal richtig durchnäßt wird, bemerkt man auch die sinnliche Qualität dieser Berührung durch ein Element. Man empfindet einen gewissen Stolz, sich durchzuschlagen durch das vertikale Wasser; die Heimkehr aus dem Regen ist die Urform des gelungenen Abenteuers.

Joachim Kalkas Essays sind launige Flanierereien; Geltendwerdenlassen von Ideen verknüpft mit Fundstücken aus der Literatur:

Niemand, nicht einmal der Regen, hat so kleine Hände

zitiert der Autor aus einem Gedicht von E. E. Cummings und kommentiert lakonisch, es sei »hübsch, die Erotik des Regens so beiläufig beschworen zu sehen«. Der Leser folgt den geistigen Spaziergängen mit guter Laune, - ist er doch selten so angenehm und leicht unterhalten worden. Als Nebeneffekt stellt sich für den an der Literatur Interessierten ein, dass er durch die Zitate einen anderen Blick auf bereits gelesene Klassiker erhält. Die Sicht wird geschärft, wie ein Huysmans oder ein Goethe etwas beschrieben, in ihre Dramaturgie einbauten, was in uns sogleich die erwarteten Assoziationen weckt.

Als Leser von Joachim Kalkas Entspannungsübungen erwischt man sich häufig bei einem leichten Staunen ob der Selbstverständlichkeiten, die man da liest; - auf die man selbst aber nicht gekommen wäre:

Der Regen ist von schöner Gleichgültigkeit, er antwortet nicht. Nicht unserer Stimmung; diese muß vielmehr ihm zu antworten verstehen. Nicht unserer Lage, die muß versuchen, sich von ihm unabhängig zu gestalten.

Joachim Kalka ist Mitglied der Deutschen Akademie für Sprache und Dichtung und der Bayerischen Akademie der schönen Künste. Seine Übersetzungen fanden allgemeine Anerkennung; - so von Christopher Isherwood, John Maynard Keynes und A. J. Liebling.

So erklärt sich das internationale Air seiner Flanierstücke, die doch eher französisch anmuten als deutsch. Welch gedankenschwerer Deutsche kommt schon auf solch profane Sätze wie:

Der Regen läßt uns das Zimmer genießen.

geschrieben am 07.04.2012 | 413 Wörter | 2400 Zeichen

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