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Saturday


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Rezension von

Dr. Benjamin Krenberger

Saturday Der Roman „Saturday“ von Ian McEwan ist ein Klassiker und wurde in optisch schöner, dazu kleiner handlicher Aufmachung im Jahr 2016 im Diogenes Verlag neu aufgelegt. Der Roman passt in jede Jackeninnentasche und ist so als Reiselektüre geeignet. Protagonist des Romans ist der Neurochirurg Henry Perowne, der mit seiner Frau Rosalind ein stattliches Haus in London bewohnt. Seine zwei erwachsenen Kinder sowie sein Schwiegervater haben sich für diesen Samstag zum Besuch angekündigt. Eigentlich wollte Perowne an diesem arbeitsfreien Samstag lediglich Einkäufe erledigen, ein Squashmatch absolvieren, eine Probe der Band seines Sohnes besuchen, kochen und sich auf die Familie freuen. Doch es kommt ganz anders. Schon morgens beobachtet er ein abstürzendes Flugzeug, das während des ganzen Tages immer wieder seine Gedanken und deren Fortsetzungen prägt. War es ein terroristischer Akt? Wann wird es London treffen? Vielfach wurde dem Roman etwas Hellseherisches unterstellt, da kurz nach dem Erscheinen tatsächlich London von Anschlägen erschüttert wurde. Dann wird Perowne von der schieren Menge der gegen den Irak-Krieg aufmarschierenden Demonstranten erstaunt und auch dieses Thema ist für ihn elementar, verstrickt er sich doch darüber in einen fulminanten Streit mit seiner Tochter, den er bei ihrer Rückkehr nach mehrmonatiger Abwesenheit so gar nicht führen wollte. Dann sind natürlich die beruflichen Gedanken, d.h. an seine Patienten und seine Station, nicht aus dem Kopf zu verdrängen und vor allem die Reflektionen über die Familie: die erfolgreiche Ehefrau, den musikalischen Sohn, die dichtende Tochter, den kauzigen Schwiegervater, ihre Verbindungen und Verstrickungen untereinander, die psychische Lage der Familie in sich und die daneben stehenden realen Fragen um Immobilien, Erbfragen und Karrierepläne. Mitten in solchen Gedankenstrudeln und auf dem Weg zum Squash wird Perowne in einen Unfall verwickelt, bei dem er einem ausparkenden BMW den Außenspiegel abreißt. Während er sich noch ganz im Recht wähnt und der Ankunft der Verkehrssünder bei seinem Fahrzeug harrt, verdichtet sich die Lage auf einmal in negativer Weise. Denn die drei Herren, die aus dem BMW steigen, sind eher grobschlächtig und auf Krawall aus und dem Ansinnen Perownes auf kultivierten Austausch eher abgeneigt. Perowne erlebt damit die erste gefährliche Situation des Tages, aus der er sich mit Mühe und Geschick entwinden kann: er entdeckt nämlich eine Erkrankung des Hauptschurken, Baxter, und kann diesen in ein Gespräch darüber verwickeln. Die aus Baxters Sicht dabei erlittene Demütigung wird allerdings im später am Abend stattfindenden Showdown in Perownes Haus in ihr Gegenteil verkehrt werden, wobei der Ausgang natürlich nicht verraten werden darf. Perowne kann nach dem Unfall jedenfalls zunächst seinen Tagesplan fortsetzen, der nach dem Showdown des Abends dann doch wieder ins Krankenhaus führt, wohin er zu einem Notfall gerufen wird. Besonders ist der Roman durch die Verengung auf einen Tag als Erzählplot, was schon vielen anderen großen Werken als Grundlage diente (z.B. Joyce, Ulysses). Es gibt viele Stellen, an denen McEwans sprachliche Genialität durchscheint, wenn er etwa durch kurze Sätze und in bestimmten Situationen dem gerade Erlebten einen höheren Wert hinzufügt, so z.B. der Bedeutung des Samstags vor dem Übergang in den Sonntag, oder die wie beiläufigen Abgrenzungen zwischen Jugend und Alter, zwischen Vergangenem und dem Jetzt. Andererseits hat der Roman auch viele furchtbar langweilige, detailversessene Passagen, gerade wenn es um Perownes Arbeit oder andere Dinge geht, die man einfach querlesen kann, ohne etwas zu verpassen. Das an sich ist schon frustrierend und stuft den Roman in meiner persönlichen Wertung herunter. Dazu kommt, dass die Gedankenspiralen, in die sich Perowne vertieft und aus denen er sich bisweilen selbst herausrufen muss, zwar nachvollziehbar, aber durchaus redundant sind und oft ohne tatsächlichen Niederschlag im Geschehen. Der Roman ist als Kunstgriff also durchaus interessant und lesenswert, aber ich fand ihn weder sonderlich spannend noch von einem solchen figurenpsychologischen Reiz, als dass ich ihn – im Gegensatz zu zahlreichen anderen Romanen von McEwan - dringend empfehlen wollte.

Der Roman „Saturday“ von Ian McEwan ist ein Klassiker und wurde in optisch schöner, dazu kleiner handlicher Aufmachung im Jahr 2016 im Diogenes Verlag neu aufgelegt. Der Roman passt in jede Jackeninnentasche und ist so als Reiselektüre geeignet.

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Protagonist des Romans ist der Neurochirurg Henry Perowne, der mit seiner Frau Rosalind ein stattliches Haus in London bewohnt. Seine zwei erwachsenen Kinder sowie sein Schwiegervater haben sich für diesen Samstag zum Besuch angekündigt. Eigentlich wollte Perowne an diesem arbeitsfreien Samstag lediglich Einkäufe erledigen, ein Squashmatch absolvieren, eine Probe der Band seines Sohnes besuchen, kochen und sich auf die Familie freuen. Doch es kommt ganz anders. Schon morgens beobachtet er ein abstürzendes Flugzeug, das während des ganzen Tages immer wieder seine Gedanken und deren Fortsetzungen prägt. War es ein terroristischer Akt? Wann wird es London treffen? Vielfach wurde dem Roman etwas Hellseherisches unterstellt, da kurz nach dem Erscheinen tatsächlich London von Anschlägen erschüttert wurde. Dann wird Perowne von der schieren Menge der gegen den Irak-Krieg aufmarschierenden Demonstranten erstaunt und auch dieses Thema ist für ihn elementar, verstrickt er sich doch darüber in einen fulminanten Streit mit seiner Tochter, den er bei ihrer Rückkehr nach mehrmonatiger Abwesenheit so gar nicht führen wollte. Dann sind natürlich die beruflichen Gedanken, d.h. an seine Patienten und seine Station, nicht aus dem Kopf zu verdrängen und vor allem die Reflektionen über die Familie: die erfolgreiche Ehefrau, den musikalischen Sohn, die dichtende Tochter, den kauzigen Schwiegervater, ihre Verbindungen und Verstrickungen untereinander, die psychische Lage der Familie in sich und die daneben stehenden realen Fragen um Immobilien, Erbfragen und Karrierepläne.

Mitten in solchen Gedankenstrudeln und auf dem Weg zum Squash wird Perowne in einen Unfall verwickelt, bei dem er einem ausparkenden BMW den Außenspiegel abreißt. Während er sich noch ganz im Recht wähnt und der Ankunft der Verkehrssünder bei seinem Fahrzeug harrt, verdichtet sich die Lage auf einmal in negativer Weise. Denn die drei Herren, die aus dem BMW steigen, sind eher grobschlächtig und auf Krawall aus und dem Ansinnen Perownes auf kultivierten Austausch eher abgeneigt. Perowne erlebt damit die erste gefährliche Situation des Tages, aus der er sich mit Mühe und Geschick entwinden kann: er entdeckt nämlich eine Erkrankung des Hauptschurken, Baxter, und kann diesen in ein Gespräch darüber verwickeln. Die aus Baxters Sicht dabei erlittene Demütigung wird allerdings im später am Abend stattfindenden Showdown in Perownes Haus in ihr Gegenteil verkehrt werden, wobei der Ausgang natürlich nicht verraten werden darf. Perowne kann nach dem Unfall jedenfalls zunächst seinen Tagesplan fortsetzen, der nach dem Showdown des Abends dann doch wieder ins Krankenhaus führt, wohin er zu einem Notfall gerufen wird.

Besonders ist der Roman durch die Verengung auf einen Tag als Erzählplot, was schon vielen anderen großen Werken als Grundlage diente (z.B. Joyce, Ulysses). Es gibt viele Stellen, an denen McEwans sprachliche Genialität durchscheint, wenn er etwa durch kurze Sätze und in bestimmten Situationen dem gerade Erlebten einen höheren Wert hinzufügt, so z.B. der Bedeutung des Samstags vor dem Übergang in den Sonntag, oder die wie beiläufigen Abgrenzungen zwischen Jugend und Alter, zwischen Vergangenem und dem Jetzt. Andererseits hat der Roman auch viele furchtbar langweilige, detailversessene Passagen, gerade wenn es um Perownes Arbeit oder andere Dinge geht, die man einfach querlesen kann, ohne etwas zu verpassen. Das an sich ist schon frustrierend und stuft den Roman in meiner persönlichen Wertung herunter. Dazu kommt, dass die Gedankenspiralen, in die sich Perowne vertieft und aus denen er sich bisweilen selbst herausrufen muss, zwar nachvollziehbar, aber durchaus redundant sind und oft ohne tatsächlichen Niederschlag im Geschehen. Der Roman ist als Kunstgriff also durchaus interessant und lesenswert, aber ich fand ihn weder sonderlich spannend noch von einem solchen figurenpsychologischen Reiz, als dass ich ihn – im Gegensatz zu zahlreichen anderen Romanen von McEwan - dringend empfehlen wollte.

geschrieben am 31.07.2016 | 624 Wörter | 3633 Zeichen

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