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Kugelfisch


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Rezension von

Dr. Benjamin Krenberger

Kugelfisch Warum normal, wenn es auch anders geht? Dass Bengtsson ein Händchen für schwierige Charaktere und die Abgehängten der Gesellschaft hat, hat er bereits in „Wie keiner sonst“ hinreichend bewiesen. Nun kommt er mit dem Büchlein „Kugelfisch“ um die Ecke. In größeren Format und mit platzsparenderem Druck hätte der Umfang wohl nur knapp über 100 Seiten erreicht, statt der nun knapp 190 Seiten, sodass man fast geneigt sein könnte, allenfalls von einer Novelle zu sprechen, aber dieser formalistische Aspekt macht das Buch keineswegs schlechter. Man muss sich aber darüber im Klaren sein, dass man es bei konstanter Lektüre locker in zwei Stunden durchgelesen haben wird. Protagonistin ist Sus, 19 Jahre alt, aber offenbar so klein und zierlich gewachsen, dass sie mehr als einmal auf ihr Erwachsensein hinweisen muss und die Nachteile dieser Größenkategorie nicht nur nach ihrer Ansicht die Vorteile klar überwiegen. Sie lebt in einem Wohnblock in einer Sozialwohnung, in dem sie auch als Kind wohnte, konsumiert regelmäßig THC-Produkte und man erfährt recht rasch, dass sie einen älteren Bruder hat, der im Auslandseinsatz beim Militär verletzt wurde und nun im Krankenhaus liegt, dass sie einen gewalttätigen Vater hat, der im Knast seine Haftstrafe absitzt und der für den Tod der Mutter verantwortlich ist. Sus kommt mit dem wenigen Geld gerade so über die Runden, klaut sich notfalls Dinge zusammen, und setzt sich Ziele für ihre teilweise trostlosen Tage, denn sie will unangreifbar werden, eben wie ein Kugelfisch. Diese Ziele erreicht sie manchmal, etwa eine bestimmte Anzahl von Liegestützen, aber oft scheitert sie grandios. Besonders grotesk wird dies dann aufgezeigt, als sie sich vorgenommen hat, einen der großen Dealerjungs des Viertels mit einer Eisenstange zu vermöbeln, aber von diesem Vorhaben durch einfaches Hochheben von hinten gerade noch einmal abgehalten wird. Ebenfalls versagt sie bei dem Vorhaben, ein junges Kätzchen mit einem Messer umzubringen. schon da denkt man sich: zum Glück. Denn durch Bengtssons zielsicheren Schreibstil und seine teilweise grandios lustige Wortpräzision wird Sus‘ triste Sozialbauwelt Stück für Stück erhellt und man hat das Gefühl, der jungen Dame beim langsamen (wenngleich teilweise kriminellen) Aufstieg aus der Gosse zuschauen zu können. Man fiebert mit und ist erfreut über jeden neuen Erfolg, den die kleine Dame erreicht. Dann aber holt Bengtsson den Leser brutal in die Realität zurück und macht in statistisch und kriminologisch gut beweisbarer Manier klar, dass man seinen Dämonen unter prekären und sozial durchlässigen Umständen nicht entrinnen kann. Sus muss der Entlassung ihres Vaters aus dem Gefängnis entgegensehen. Wie sie damit umgeht und welche Konsequenzen ihr Verhalten dann für sie mit sich bringt, ist am Ende ein echter und unerwarteter Schocker und man sitzt zum Schluss recht fassungslos da und sucht irgendwie verzweifelt nach einem anderen Ende – das es nicht gibt. Eine großartige schriftstellerische Leistung.

Warum normal, wenn es auch anders geht? Dass Bengtsson ein Händchen für schwierige Charaktere und die Abgehängten der Gesellschaft hat, hat er bereits in „Wie keiner sonst“ hinreichend bewiesen. Nun kommt er mit dem Büchlein „Kugelfisch“ um die Ecke. In größeren Format und mit platzsparenderem Druck hätte der Umfang wohl nur knapp über 100 Seiten erreicht, statt der nun knapp 190 Seiten, sodass man fast geneigt sein könnte, allenfalls von einer Novelle zu sprechen, aber dieser formalistische Aspekt macht das Buch keineswegs schlechter. Man muss sich aber darüber im Klaren sein, dass man es bei konstanter Lektüre locker in zwei Stunden durchgelesen haben wird.

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Protagonistin ist Sus, 19 Jahre alt, aber offenbar so klein und zierlich gewachsen, dass sie mehr als einmal auf ihr Erwachsensein hinweisen muss und die Nachteile dieser Größenkategorie nicht nur nach ihrer Ansicht die Vorteile klar überwiegen. Sie lebt in einem Wohnblock in einer Sozialwohnung, in dem sie auch als Kind wohnte, konsumiert regelmäßig THC-Produkte und man erfährt recht rasch, dass sie einen älteren Bruder hat, der im Auslandseinsatz beim Militär verletzt wurde und nun im Krankenhaus liegt, dass sie einen gewalttätigen Vater hat, der im Knast seine Haftstrafe absitzt und der für den Tod der Mutter verantwortlich ist. Sus kommt mit dem wenigen Geld gerade so über die Runden, klaut sich notfalls Dinge zusammen, und setzt sich Ziele für ihre teilweise trostlosen Tage, denn sie will unangreifbar werden, eben wie ein Kugelfisch. Diese Ziele erreicht sie manchmal, etwa eine bestimmte Anzahl von Liegestützen, aber oft scheitert sie grandios.

Besonders grotesk wird dies dann aufgezeigt, als sie sich vorgenommen hat, einen der großen Dealerjungs des Viertels mit einer Eisenstange zu vermöbeln, aber von diesem Vorhaben durch einfaches Hochheben von hinten gerade noch einmal abgehalten wird. Ebenfalls versagt sie bei dem Vorhaben, ein junges Kätzchen mit einem Messer umzubringen. schon da denkt man sich: zum Glück. Denn durch Bengtssons zielsicheren Schreibstil und seine teilweise grandios lustige Wortpräzision wird Sus‘ triste Sozialbauwelt Stück für Stück erhellt und man hat das Gefühl, der jungen Dame beim langsamen (wenngleich teilweise kriminellen) Aufstieg aus der Gosse zuschauen zu können. Man fiebert mit und ist erfreut über jeden neuen Erfolg, den die kleine Dame erreicht.

Dann aber holt Bengtsson den Leser brutal in die Realität zurück und macht in statistisch und kriminologisch gut beweisbarer Manier klar, dass man seinen Dämonen unter prekären und sozial durchlässigen Umständen nicht entrinnen kann. Sus muss der Entlassung ihres Vaters aus dem Gefängnis entgegensehen. Wie sie damit umgeht und welche Konsequenzen ihr Verhalten dann für sie mit sich bringt, ist am Ende ein echter und unerwarteter Schocker und man sitzt zum Schluss recht fassungslos da und sucht irgendwie verzweifelt nach einem anderen Ende – das es nicht gibt. Eine großartige schriftstellerische Leistung.

geschrieben am 22.12.2017 | 455 Wörter | 2540 Zeichen

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