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Der Preis der Einheit. Die Wiedervereinigung und die Krise des Sozialstaates


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Rezension von

Gérard Bökenkamp

Der Preis der Einheit. Die Wiedervereinigung und die Krise des Sozialstaates Der Sozialhistoriker Gerhard A. Ritter ist emeritierter Professor an der Ludwig-Maximilians-Universität München. In seinem Buch "Der Preis der Einheit“; beschreibt er das Zustandekommen der „Sozialunion“ zwischen den zwei Deutschen Staaten. Die wichtigen Entscheidungen über die „Sozialunion“ fielen in einem Verhandlungsdreieck aus Blüms Arbeitsministerium, der letzten DDR-Regierung und den Sozialdemokraten. Jene politischen Kräfte, denen man gemeinhin einen „neoliberalen“ Politikansatz unterstellt, die FDP als Regierungspartei, das Wirtschaftministerium, die Arbeitgeberverbände und die Wirtschaftswissenschaft blieben bei der Formulierung der Sozial- und Wirtschaftspolitik der Wiedervereinigung weitgehend außen vor. Besonders entscheidend war die Kooperation zwischen Blüm und der DDR-Arbeitsministerin Regine Hildebrandt. Die ostdeutsche Sozialdemokratin stand in „denkbar engem Kontakt“ zur westdeutschen SPD. Vor jeder Verhandlungsrunde über sozialpolitische Fragen wurde die Position der DDR mit der westdeutschen Sozialdemokratie abgestimmt. Blüm hatte, um jeden Ansatz einer Alternative zum starren westdeutschen Arbeitsmarkt in Ostdeutschland zu unterbinden, die lückenlose Übertragung des westdeutschen Sozialsystems im Blick. Wirtschaftsministerium und Finanzministerium scheiterten mit ihrem Ansatz für die ehemalige DDR flexiblere Regelungen im Bereich Kündigungsschutz und Arbeitsrecht durchzusetzen. Blüm profitierte von der Schwäche des FDP-Wirtschaftsministers Haussmann. Theo Waigels Finanzministerium war im Wesentlichen darum bemüht, die finanziellen Forderungen an den Bundeshaushalt, die aus der Sozialunion entstehen konnten, abzuwehen. Damit war Waigel kurzfristig auch erfolgreich. In Folge kam es zu der bekannten Entwicklung, dass die Transfers von den Sozialversicherungen getragen wurden und die Lohnnebenkosten anstiegen. Die zentralen Ziele der Gewerkschaften lagen darin ihre Organisation und die Tarifhoheit nach Osten auszudehnen und die Entstehung eines „Niedriglohngebietes“ zu verhindern. Da es so etwas wie eine organisierte Arbeitgeberschaft noch nicht gab, konnten sie „politische Lohnabschlüsse“ durchsetzen ohne Rücksitz auf die „Achillesferse der ostdeutschen Wirtschaft“, die geringe Produktivität. Erst ab dem Herbst 1992 setzten sich die Haushaltspolitiker gegenüber den Sozialpolitikern in der Regierungskoalition durch und brachten Konsolidierungsmaßnahmen auf den Weg, die die immensen Kosten dieser Politik begrenzten. Im Urteil bleibt Ritter zurückhaltend und wertet nur vorsichtig. Er hält die Sozialunion für eine „Meisterleistung der Verwaltung“, räumt aber auch die „hohen wirtschaftlichen Kosten“ ein, die die Übertragung des westdeutschen Systems verursachte. Wie ich meine, wären ein drastischeres Urteil und eine stärkere Zuspitzung in Bezug auf die politischen Fehlleistungen angebracht gewesen. Für die Diskussion über die politische Verantwortlichkeit für die wirtschaftliche und beschäftigungspolitische Entwicklung in den neuen Bundesländern verfügen wir durch Ritter nun über eine Basis gesicherter historischer Fakten.

Der Sozialhistoriker Gerhard A. Ritter ist emeritierter Professor an der Ludwig-Maximilians-Universität München. In seinem Buch "Der Preis der Einheit“; beschreibt er das Zustandekommen der „Sozialunion“ zwischen den zwei Deutschen Staaten. Die wichtigen Entscheidungen über die „Sozialunion“ fielen in einem Verhandlungsdreieck aus Blüms Arbeitsministerium, der letzten DDR-Regierung und den Sozialdemokraten. Jene politischen Kräfte, denen man gemeinhin einen „neoliberalen“ Politikansatz unterstellt, die FDP als Regierungspartei, das Wirtschaftministerium, die Arbeitgeberverbände und die Wirtschaftswissenschaft blieben bei der Formulierung der Sozial- und Wirtschaftspolitik der Wiedervereinigung weitgehend außen vor. Besonders entscheidend war die Kooperation zwischen Blüm und der DDR-Arbeitsministerin Regine Hildebrandt. Die ostdeutsche Sozialdemokratin stand in „denkbar engem Kontakt“ zur westdeutschen SPD. Vor jeder Verhandlungsrunde über sozialpolitische Fragen wurde die Position der DDR mit der westdeutschen Sozialdemokratie abgestimmt. Blüm hatte, um jeden Ansatz einer Alternative zum starren westdeutschen Arbeitsmarkt in Ostdeutschland zu unterbinden, die lückenlose Übertragung des westdeutschen Sozialsystems im Blick. Wirtschaftsministerium und Finanzministerium scheiterten mit ihrem Ansatz für die ehemalige DDR flexiblere Regelungen im Bereich Kündigungsschutz und Arbeitsrecht durchzusetzen. Blüm profitierte von der Schwäche des FDP-Wirtschaftsministers Haussmann. Theo Waigels Finanzministerium war im Wesentlichen darum bemüht, die finanziellen Forderungen an den Bundeshaushalt, die aus der Sozialunion entstehen konnten, abzuwehen. Damit war Waigel kurzfristig auch erfolgreich. In Folge kam es zu der bekannten Entwicklung, dass die Transfers von den Sozialversicherungen getragen wurden und die Lohnnebenkosten anstiegen. Die zentralen Ziele der Gewerkschaften lagen darin ihre Organisation und die Tarifhoheit nach Osten auszudehnen und die Entstehung eines „Niedriglohngebietes“ zu verhindern. Da es so etwas wie eine organisierte Arbeitgeberschaft noch nicht gab, konnten sie „politische Lohnabschlüsse“ durchsetzen ohne Rücksitz auf die „Achillesferse der ostdeutschen Wirtschaft“, die geringe Produktivität. Erst ab dem Herbst 1992 setzten sich die Haushaltspolitiker gegenüber den Sozialpolitikern in der Regierungskoalition durch und brachten Konsolidierungsmaßnahmen auf den Weg, die die immensen Kosten dieser Politik begrenzten. Im Urteil bleibt Ritter zurückhaltend und wertet nur vorsichtig. Er hält die Sozialunion für eine „Meisterleistung der Verwaltung“, räumt aber auch die „hohen wirtschaftlichen Kosten“ ein, die die Übertragung des westdeutschen Systems verursachte. Wie ich meine, wären ein drastischeres Urteil und eine stärkere Zuspitzung in Bezug auf die politischen Fehlleistungen angebracht gewesen. Für die Diskussion über die politische Verantwortlichkeit für die wirtschaftliche und beschäftigungspolitische Entwicklung in den neuen Bundesländern verfügen wir durch Ritter nun über eine Basis gesicherter historischer Fakten.

geschrieben am 16.11.2006 | 377 Wörter | 2715 Zeichen

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