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DKV im Taschenbuch: Wallenstein


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Rezension von

Lesefreund

Wallenstein Wallenstein - ein Stoff, den Schiller immer wieder bearbeitet und für die Bühne umgestaltet hat. Mit knapp 500 Seiten Hintergrund-Information und über 200 Seiten Stellen-Kommentar zu Schillers Arbeit am 'Wallenstein' legt Frithjof Stock eine Klassiker-Ausgabe vor, wie sie für geschulte Leser umfassender und dokumentarisch genauer kaum sein könnte. Als oberster Feldherr des Kaisers war Wallenstein Erstaunliches gelungen. Nicht nur, dass er scheinbar aus dem Nichts ein gewaltiges Heer aufzustellen und zu unterhalten vermochte, er war ebenso in der Lage, die verschiedenen Kriegsparteien derart gegeneinander auszuspielen, dass er Länderei um Länderei erobern oder wenigstens erfolgreich verteidigen konnte. Wallensteins Schlachtenglück und Kampfesmut bringen ihm bereits zu Lebzeiten einen Nimbus des Geheimnisvollen und bisweilen Unheimlichen ein. Der Friedländer – wie ihn seine Soldaten bei Schiller gern nennen – erhält vom Kaiser höchstpersönlich bis dato ungekannte Vollmachten und Privilegien. So fällt er fortan eigenständig vollstreckungspflichtige Urteile, konfisziert und verwertet Eigentum, befördert einfache Soldaten im Laufe des Krieges zu höchsten Offizieren und verfährt auch sonst des Öfteren nach eigenem Gutdünken. Zu oft, wie man am Wiener Hof, der Residenz des Habsburgischen Herrschers und Teilstaaten-Oberhaupts, schon bald reuig feststellen wird. Mit der Zeit bringt Wallenstein das machtpolitisch-konfessionelle Fass Europa derart zum Überlaufen, dass Kaiser und Vertraute die Absetzung ihres Oberbefehlshabers einzuleiten beginnen. Kein leichtes Unterfangen angesichts einer Armee, die ihrem Feldherrn in gewichtigen Teilen so ergeben ist, dass sie den Kaiser selbst erst an zweiter Stelle sieht – nach Wallenstein. Aus dem einstigen Fürsten ist im Laufe zahlreicher Schlachten und Bewährungssituationen ein mächtiger Herzog mit anerkannten Titeln und Ländereien geworden. Da der aufstrebende Wallenstein immer zu geben wusste, konnte er im Laufe der Zeit ein Korps mit Befehlshabern nach seinen Wünschen aufstellen. Natürlich ist man in erster Linie dem Kaiser und nur dem Kaiser zur Treue verpflichtet, doch der Gehorsam der Truppen gegenüber ihrem Feldherrn stellt mittlerweile ein Gegengewicht dar, dessen Einfluss nicht mehr zu leugnen ist. Alle kaiserlichen Truppen im Feld sind auf Wallenstein als Oberbefehlshaber vereidigt. Seine Entmachtung und Entwaffnung droht nicht nur einen Gehorsams-, sondern auch einen Interessenkonflikt unwägbaren Ausmaßes heraufzubeschwören. Und so entschließt man sich in Wien, eine neue Macht ins Feld zu führen, um den immer trotziger agierenden Wallenstein durch die Teilung seiner Kräfte auf lange Sicht wieder beherrschbar zu machen. Ein Großteil der Reiterei sowie besonders kampfstarke Infanterie-Regimenter sollen unverzüglich abgezogen und mit dem aus Mailand einmarschierenden, neu aufgestellten Heer unter Führung eines hohen geistlichen Würdenträgers vereinigt werden. Da die schwächende Absicht dieses Unterfangens selbst vom einfachen Soldaten unmittelbar durchschaut wird, kommt es bei den Truppen schon bald zu starken Unmutäußerungen. Im ersten Teil seines Dramas mit dem Titel 'Wallensteins Lager' macht Schiller diese Begebenheiten zum Ausgangspunkt weiterer dramatischer Entwicklungen. Während Wallenstein von seinen Soldaten vorwiegend gelobt wird, stellen sich von außerhalb auch kritische Stimmen ein. So veranschaulicht etwa die Figur eines verarmten Bauern jene Not, in welche die Landbevölkerung durch die fortwährenden Plünderungen und Zerstörungen geraten sein musste. Ebenso klingen die ersten deutlichen Misstöne zwischen kaisertreuen und wallenstein-ergebenen Truppen an. Indem ein solcher Gegensatz zutage tritt beziehungsweise überhaupt zutage treten kann, wird deutlich, dass eine Blockbildung im Gange ist – eine unheilvolle Blockbildung. Für den zweiten Teil seines 'Wallenstein' rückt Schiller zwei Figuren in den Mittelpunkt, deren historischer Hintergrund mit dem der poetischen Gestaltung im Einzelnen nicht deckungsgleich ist. Dies sind General-Leutnant Octavio Piccolomini und sein Sohn Max, nach denen dieser Teil des Dramas auch 'Die Piccolomini' heißt. Nachdem Max seine Kindheit vorwiegend im Feldlager verbracht hat, ist er nun als gereifter junger Mann zum Oberst eines Kürassier-Regiments – schwere, gepanzerte Reiter – aufgestiegen. Wallensteins Gunst Max gegenüber war für dessen Fortkommen sicherlich mehr als hilfreich. Die im Verlauf der Ereignisse entstehenden Verwicklungen und Konflikte zwischen Vater und Sohn machen den dramatischen Kern dieses zweiten Teils von Schillers Drama aus. Auf der einen Seite steht der insgeheim bedingungslos kaisertreue Octavio, dessen gute Miene bislang von Wallenstein und seinem Stab nicht als böses Spiel gegen den Feldherrn erkannt worden ist. Durch den kaiserlichen Boten von Questenberg ist Octavio mit der Absetzung Wallensteins betraut. Er soll vorübergehend selbst das Kommando der Truppen übernehmen und den bislang nur im Geheimen geächteten Wallenstein entmachten, damit einer der Habsburgischen wieder das Heft in die Hand nehmen kann. So spinnt der ältere Piccolomini im Hintergrund seine und des Kaisers Fäden, während der jüngere sich zunehmend in den zarten Banden der Aphrodite verfängt und sich ausgerechnet in Wallensteins Tochter Thekla verliebt. Diese ist mit ihrer Mutter, der Herzogin von Friedland, vor Kurzem im Lager eingetroffen. Wallenstein hatte sie unter einem Vorwand aus Wien abreisen lassen, damit sie im Ernstfall vor Anfeindungen sicher wären. Und natürlich damit Wallenstein vom Kaiser im Ernstfall nicht erpressbar ist. Dem Gefühl nach ist Thekla Max ebenfalls zugetan, doch ihr Vater hat andere Pläne. Wallenstein duldet die heimliche Verliebtheit der beiden lediglich, um Max als ergebenen Befehlshaber kurzfristig an sich zu binden. Als Wallenstein die Entbindung seiner Truppen von ihrer kaiserlichen Treuepflicht zu bewerkstelligen sucht, scheitert die Vollzähligkeit des Unterfangens an Max. Er ist nicht gewillt ein Dokument zu unterzeichnen, auf dem die Ergebenheitsformel zugunsten des Kaisers fehlt. Mit deren stillschweigender Tilgung hatte Wallenstein seine Kommandeure an sich binden wollen. Die Unterzeichner sollten nach der Bekanntmachung des Dokuments ebenso mit dem Rücken zur Wand stehen wie Wallenstein später selbst. Als Octavio versucht, Max die Schändlichkeit von Wallensteins Plänen vor Augen zu führen, kommt es zum Eklat. Max ist entschlossen, Wallenstein selbst mit den Anschuldigungen von Seiten des Kaisers zu konfrontieren. Wie der Auftakt des dritten Teils mit dem Titel 'Wallensteins Tod' zeigt, ist der Feldherr tatsächlich zum Äußersten entschlossen. In Verhandlungen mit dem Feind erreicht es Wallenstein, dass sich die Schweden mit ihm gegen Habsburg zu verbünden suchen. Wallenstein ist gewillt, seine Truppen gegen den Kaiser selbst zu führen, damit dieser einem - noch auszuhandelnden - Frieden zwischen den Kriegsparteien über kurz oder lang zustimme. Dass Wallenstein einen solchen Frieden nicht nur zum Besten des Reiches und seiner Truppen, sondern auch für die Stärkung seiner eigenen Machtpostion anstrebt, ist ein Aspekt, der immer wieder Spekulationen über seine tatsächlichen Motive ausgelöst hat. Den dramatischen Höhepunkt bilden die Ereignisse in der Stadt Eger. Die Schweden sind im Anmarsch auf die Stadt, um sich mit den verbliebenen Truppen Wallensteins zu vereinigen, der Feldherr selbst weiß um seine Ächtung und ist zum Äußersten bereit und auf Seiten der Kaisertreuen, in deren Dienst der erboste Max Piccolomini fiel, steht mittlerweile ein Befehlshaber, den Wallenstein bislang noch zu seinen treuesten gerechnet hatte. Es ist die letzte Nacht vor Wallensteins endgültigem Abfall vom Kaiser. Und so sieht sich Buttler – ein in seinem Stolz gekränkter Dragoner-Anführer – genötigt, Nägel mit Köpfen zu machen. Es ist die letzte Gelegenheit, den Willen des Kaisers unumschränkt vollstrecken zu können. Dass die Ermordung Wallensteins bei Schiller schließlich nicht ohne Zaudern und zeitweiliges Bedauern seitens der Vollstrecker vonstatten geht, ist ein Indiz für die Tragik und innere Widersprüchlichkeit nicht nur der historischen Ereignisse. Dass der Feldherr im Angesicht seiner Mörder ein letztes Mal zu Wort kommt, hofft man vergeblich. Die Rechnung wird ohne den Wirt gemacht. Aus den im Band ebenfalls abgedruckten, zeitgenössischen Briefwechseln Schillers erfährt der Leser im Abschnitt 'Entstehungs- und Wirkungsgeschichte' so manches wissenswerte Detail über die Arbeit des Dichters. Schiller wirkte nicht allein, sondern in genauer Abstimmung mit seinen Gefährten Goethe und Körner. Beide waren ihm sowohl Anreger als auch Mahner bei der Schaffung und Gestaltung seiner Wallenstein-Trilogie. Dass diese ungleich gewichtete Trilogie von Schiller wiederum zu einer zweiteiligen Fassung verkürzt wurde, dokumentiert sein Hamburger Theatermanuskript auf anschauliche Weise. Es bleibt festzuhalten, dass die Taschenbuch-Ausgabe den Vergleich mit dem gebundenen Original der DKV-Reihe nicht zu scheuen braucht. Sowohl Text- als auch Bildteil der Vorlage wurden ohne Abstriche in das handliche Paperback-Format übernommen. Vor allem die Präsentation unterschiedlicher Bearbeitungsstufen und Versionen des 'Wallenstein' führt dem Leser vor Augen, wie vielschichtig und zuweilen auch intensiv die äußeren Einflüsse und Anregungen im Entstehungsprozess des Dramas auf Schiller gewirkt haben müssen. Wer eine grundlegende Beschäftigung mit Schillers 'Wallenstein' plant, wird mit der Klassiker-Ausgabe von Frithjof Stock eine richtungsweisende Zusammenstellung vorfinden, deren philologische Sorgfalt und Gründlichkeit auf absehbare Zeit kaum zu erschöpfen sein dürfte.

Wallenstein - ein Stoff, den Schiller immer wieder bearbeitet und für die Bühne umgestaltet hat.

Mit knapp 500 Seiten Hintergrund-Information und über 200 Seiten Stellen-Kommentar zu Schillers Arbeit am 'Wallenstein' legt Frithjof Stock eine Klassiker-Ausgabe vor, wie sie für geschulte Leser umfassender und dokumentarisch genauer kaum sein könnte.

Als oberster Feldherr des Kaisers war Wallenstein Erstaunliches gelungen. Nicht nur, dass er scheinbar aus dem Nichts ein gewaltiges Heer aufzustellen und zu unterhalten vermochte, er war ebenso in der Lage, die verschiedenen Kriegsparteien derart gegeneinander auszuspielen, dass er Länderei um Länderei erobern oder wenigstens erfolgreich verteidigen konnte.

Wallensteins Schlachtenglück und Kampfesmut bringen ihm bereits zu Lebzeiten einen Nimbus des Geheimnisvollen und bisweilen Unheimlichen ein. Der Friedländer – wie ihn seine Soldaten bei Schiller gern nennen – erhält vom Kaiser höchstpersönlich bis dato ungekannte Vollmachten und Privilegien. So fällt er fortan eigenständig vollstreckungspflichtige Urteile, konfisziert und verwertet Eigentum, befördert einfache Soldaten im Laufe des Krieges zu höchsten Offizieren und verfährt auch sonst des Öfteren nach eigenem Gutdünken. Zu oft, wie man am Wiener Hof, der Residenz des Habsburgischen Herrschers und Teilstaaten-Oberhaupts, schon bald reuig feststellen wird.

Mit der Zeit bringt Wallenstein das machtpolitisch-konfessionelle Fass Europa derart zum Überlaufen, dass Kaiser und Vertraute die Absetzung ihres Oberbefehlshabers einzuleiten beginnen. Kein leichtes Unterfangen angesichts einer Armee, die ihrem Feldherrn in gewichtigen Teilen so ergeben ist, dass sie den Kaiser selbst erst an zweiter Stelle sieht – nach Wallenstein. Aus dem einstigen Fürsten ist im Laufe zahlreicher Schlachten und Bewährungssituationen ein mächtiger Herzog mit anerkannten Titeln und Ländereien geworden. Da der aufstrebende Wallenstein immer zu geben wusste, konnte er im Laufe der Zeit ein Korps mit Befehlshabern nach seinen Wünschen aufstellen.

Natürlich ist man in erster Linie dem Kaiser und nur dem Kaiser zur Treue verpflichtet, doch der Gehorsam der Truppen gegenüber ihrem Feldherrn stellt mittlerweile ein Gegengewicht dar, dessen Einfluss nicht mehr zu leugnen ist. Alle kaiserlichen Truppen im Feld sind auf Wallenstein als Oberbefehlshaber vereidigt. Seine Entmachtung und Entwaffnung droht nicht nur einen Gehorsams-, sondern auch einen Interessenkonflikt unwägbaren Ausmaßes heraufzubeschwören.

Und so entschließt man sich in Wien, eine neue Macht ins Feld zu führen, um den immer trotziger agierenden Wallenstein durch die Teilung seiner Kräfte auf lange Sicht wieder beherrschbar zu machen. Ein Großteil der Reiterei sowie besonders kampfstarke Infanterie-Regimenter sollen unverzüglich abgezogen und mit dem aus Mailand einmarschierenden, neu aufgestellten Heer unter Führung eines hohen geistlichen Würdenträgers vereinigt werden. Da die schwächende Absicht dieses Unterfangens selbst vom einfachen Soldaten unmittelbar durchschaut wird, kommt es bei den Truppen schon bald zu starken Unmutäußerungen.

Im ersten Teil seines Dramas mit dem Titel 'Wallensteins Lager' macht Schiller diese Begebenheiten zum Ausgangspunkt weiterer dramatischer Entwicklungen. Während Wallenstein von seinen Soldaten vorwiegend gelobt wird, stellen sich von außerhalb auch kritische Stimmen ein.

So veranschaulicht etwa die Figur eines verarmten Bauern jene Not, in welche die Landbevölkerung durch die fortwährenden Plünderungen und Zerstörungen geraten sein musste. Ebenso klingen die ersten deutlichen Misstöne zwischen kaisertreuen und wallenstein-ergebenen Truppen an. Indem ein solcher Gegensatz zutage tritt beziehungsweise überhaupt zutage treten kann, wird deutlich, dass eine Blockbildung im Gange ist – eine unheilvolle Blockbildung.

Für den zweiten Teil seines 'Wallenstein' rückt Schiller zwei Figuren in den Mittelpunkt, deren historischer Hintergrund mit dem der poetischen Gestaltung im Einzelnen nicht deckungsgleich ist. Dies sind General-Leutnant Octavio Piccolomini und sein Sohn Max, nach denen dieser Teil des Dramas auch 'Die Piccolomini' heißt. Nachdem Max seine Kindheit vorwiegend im Feldlager verbracht hat, ist er nun als gereifter junger Mann zum Oberst eines Kürassier-Regiments – schwere, gepanzerte Reiter – aufgestiegen. Wallensteins Gunst Max gegenüber war für dessen Fortkommen sicherlich mehr als hilfreich. Die im Verlauf der Ereignisse entstehenden Verwicklungen und Konflikte zwischen Vater und Sohn machen den dramatischen Kern dieses zweiten Teils von Schillers Drama aus.

Auf der einen Seite steht der insgeheim bedingungslos kaisertreue Octavio, dessen gute Miene bislang von Wallenstein und seinem Stab nicht als böses Spiel gegen den Feldherrn erkannt worden ist. Durch den kaiserlichen Boten von Questenberg ist Octavio mit der Absetzung Wallensteins betraut. Er soll vorübergehend selbst das Kommando der Truppen übernehmen und den bislang nur im Geheimen geächteten Wallenstein entmachten, damit einer der Habsburgischen wieder das Heft in die Hand nehmen kann.

So spinnt der ältere Piccolomini im Hintergrund seine und des Kaisers Fäden, während der jüngere sich zunehmend in den zarten Banden der Aphrodite verfängt und sich ausgerechnet in Wallensteins Tochter Thekla verliebt. Diese ist mit ihrer Mutter, der Herzogin von Friedland, vor Kurzem im Lager eingetroffen. Wallenstein hatte sie unter einem Vorwand aus Wien abreisen lassen, damit sie im Ernstfall vor Anfeindungen sicher wären. Und natürlich damit Wallenstein vom Kaiser im Ernstfall nicht erpressbar ist. Dem Gefühl nach ist Thekla Max ebenfalls zugetan, doch ihr Vater hat andere Pläne. Wallenstein duldet die heimliche Verliebtheit der beiden lediglich, um Max als ergebenen Befehlshaber kurzfristig an sich zu binden.

Als Wallenstein die Entbindung seiner Truppen von ihrer kaiserlichen Treuepflicht zu bewerkstelligen sucht, scheitert die Vollzähligkeit des Unterfangens an Max. Er ist nicht gewillt ein Dokument zu unterzeichnen, auf dem die Ergebenheitsformel zugunsten des Kaisers fehlt. Mit deren stillschweigender Tilgung hatte Wallenstein seine Kommandeure an sich binden wollen. Die Unterzeichner sollten nach der Bekanntmachung des Dokuments ebenso mit dem Rücken zur Wand stehen wie Wallenstein später selbst. Als Octavio versucht, Max die Schändlichkeit von Wallensteins Plänen vor Augen zu führen, kommt es zum Eklat. Max ist entschlossen, Wallenstein selbst mit den Anschuldigungen von Seiten des Kaisers zu konfrontieren.

Wie der Auftakt des dritten Teils mit dem Titel 'Wallensteins Tod' zeigt, ist der Feldherr tatsächlich zum Äußersten entschlossen. In Verhandlungen mit dem Feind erreicht es Wallenstein, dass sich die Schweden mit ihm gegen Habsburg zu verbünden suchen. Wallenstein ist gewillt, seine Truppen gegen den Kaiser selbst zu führen, damit dieser einem - noch auszuhandelnden - Frieden zwischen den Kriegsparteien über kurz oder lang zustimme. Dass Wallenstein einen solchen Frieden nicht nur zum Besten des Reiches und seiner Truppen, sondern auch für die Stärkung seiner eigenen Machtpostion anstrebt, ist ein Aspekt, der immer wieder Spekulationen über seine tatsächlichen Motive ausgelöst hat.

Den dramatischen Höhepunkt bilden die Ereignisse in der Stadt Eger. Die Schweden sind im Anmarsch auf die Stadt, um sich mit den verbliebenen Truppen Wallensteins zu vereinigen, der Feldherr selbst weiß um seine Ächtung und ist zum Äußersten bereit und auf Seiten der Kaisertreuen, in deren Dienst der erboste Max Piccolomini fiel, steht mittlerweile ein Befehlshaber, den Wallenstein bislang noch zu seinen treuesten gerechnet hatte.

Es ist die letzte Nacht vor Wallensteins endgültigem Abfall vom Kaiser. Und so sieht sich Buttler – ein in seinem Stolz gekränkter Dragoner-Anführer – genötigt, Nägel mit Köpfen zu machen. Es ist die letzte Gelegenheit, den Willen des Kaisers unumschränkt vollstrecken zu können.

Dass die Ermordung Wallensteins bei Schiller schließlich nicht ohne Zaudern und zeitweiliges Bedauern seitens der Vollstrecker vonstatten geht, ist ein Indiz für die Tragik und innere Widersprüchlichkeit nicht nur der historischen Ereignisse. Dass der Feldherr im Angesicht seiner Mörder ein letztes Mal zu Wort kommt, hofft man vergeblich. Die Rechnung wird ohne den Wirt gemacht.

Aus den im Band ebenfalls abgedruckten, zeitgenössischen Briefwechseln Schillers erfährt der Leser im Abschnitt 'Entstehungs- und Wirkungsgeschichte' so manches wissenswerte Detail über die Arbeit des Dichters. Schiller wirkte nicht allein, sondern in genauer Abstimmung mit seinen Gefährten Goethe und Körner. Beide waren ihm sowohl Anreger als auch Mahner bei der Schaffung und Gestaltung seiner Wallenstein-Trilogie. Dass diese ungleich gewichtete Trilogie von Schiller wiederum zu einer zweiteiligen Fassung verkürzt wurde, dokumentiert sein Hamburger Theatermanuskript auf anschauliche Weise.

Es bleibt festzuhalten, dass die Taschenbuch-Ausgabe den Vergleich mit dem gebundenen Original der DKV-Reihe nicht zu scheuen braucht. Sowohl Text- als auch Bildteil der Vorlage wurden ohne Abstriche in das handliche Paperback-Format übernommen.

Vor allem die Präsentation unterschiedlicher Bearbeitungsstufen und Versionen des 'Wallenstein' führt dem Leser vor Augen, wie vielschichtig und zuweilen auch intensiv die äußeren Einflüsse und Anregungen im Entstehungsprozess des Dramas auf Schiller gewirkt haben müssen.

Wer eine grundlegende Beschäftigung mit Schillers 'Wallenstein' plant, wird mit der Klassiker-Ausgabe von Frithjof Stock eine richtungsweisende Zusammenstellung vorfinden, deren philologische Sorgfalt und Gründlichkeit auf absehbare Zeit kaum zu erschöpfen sein dürfte.

geschrieben am 10.04.2007 | 1335 Wörter | 8389 Zeichen

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