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Von der Integration zur Inklusion


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Rezension von

Verena Hillenbrand

Von der Integration zur Inklusion Das Zusammenleben von Menschen mit und ohne Behinderung steht schon seit dem 17. Jahrhundert im bildungspolitischen Kontext. Bereits zu der Zeit wurden die ersten Sonderschulen für Taubstumme oder Blinde errichtet. Doch erst seit Ende des 19. Jahrhunderts wurde die sogenannte Hilfsschule für Menschen mit einer geistigen Behinderung von Stötzner ins Leben gerufen. Es folgten viele bildungspolitische Entscheidungen. Integrative Ansätze der 70er Jahre sollten den Ausschluss der Menschen mit Behinderung verhindern und daher wurden zu dieser Zeit in den deutschen Schulen vermehrt behinderte- und nicht-behinderte Kinder gemeinsam unterrichtet. Ziel war es, die beeinträchtigten Kinder in bestehende Verhältnisse zu integrieren, um ihnen einen besseren Anschluss an die Gesellschaft zu ermöglichen. Das dies nicht das Ziel der Pädagogik und Politik sein kann, wurde durch kritische Stimmen zu Beginn des 21. Jahrhunderts deutlich. 2006 wurde daher die Behindertenrechtskonvention durch die Vereinten Nationen entwickelt, die in diesem Buch näher behandelt wird. Poscher/Rux/Langer verdeutlichen hier die aktuellen kritischen Aspekte des deutschen Bildungssystems, indem sie auf die Behindertenrechtskonvention verweisen, die ein erstes völkerrechtliches Abkommen über soziale und kulturelle Rechte ist, das Einzelnen erlaubt, mit völkerrechtlichen Individualbeschwerden gegen die Verletzung durch Vertragsstatten vorzugehen. Da auch Deutschland diese Konvention 2007 unterschrieb und 2008 ratifizierte, weisen die Autoren zunächst die Verpflichtungen dieser Behindertenrechtskonvention auf und nehmen in einem zweiten Teil die innerstaatliche Umsetzung der einzelnen Bundesländer genauer ins Visier. Die Bestimmung verpflichtet alle Unterzeichnerstaaten zur Errichtung eines inklusiven Schulsystems, in dem gemeinsamer Unterricht Regelfall ist. Dies bedeutet, dass alle Kinder trotz ihrer Heterogenität im Schulsystem gemeinsam unterrichtet werden und es nicht das Privileg eines behinderten Kindes sein muss, in einer Regelschule unterrichtet zu werden. Alle Staaten streben durch die Unterschrift die Verwirklichung der Verpflichtungen zur Sicherstellung der gleichen Ausübung sämtlicher Menschenrechte für alle Menschen mit Behinderungen sowie der Garantie dieser Rechte an und sollen dadurch den Abbau physikalischer, sozialer und kultureller Barrieren, welche die Teilnahme von behinderten Menschen verhindern, ansteuern. Nach Artikel 24 der Konvention hat nun jeder Mensch Recht auf Bildung, was auf das gesamte Bildungssystem bezogen wird. Die Länder, die dieser Konvention zustimmen, sollen ab sofort die Inklusion über die Integration stellen, denn während integrative Erziehung vorrangig Anpassungsleistung von behinderten Schülern an bestehende Schulstrukturen verlangt, setzt inklusive Erziehung auf die Anpassung des Schulwesens an die Kinder. 80-90% soll diese Inklusionsquote erreichen, was bedeutet, dass nur wenige Kinder nicht an den allgemeinen Schulen unterrichtet werden. Durch individuelle Unterstützungen, unentgeltlichen Unterricht und Einstellung qualifizierte Lehrer soll dieser gemeinsame inklusive Unterricht nach Ansicht der Konvention erreicht werden. Durchführung und Überwachung der Verpflichtungen finden hierbei auf nationaler und internationaler Ebene statt. Schaut man sich die Darstellung der Autoren zu den einzelnen Bundesländern an, sieht man oft die Schranken, die dieser Verpflichtung entgegenstehen, denn in vielen Ländern betont der Gesetzgeber, dass die Länder nicht verpflichtend sind, alle Formen integrativer Beschulung bereitzuhalten, sondern diese Maßnahmen nur nach Maßgabe des personal, sachlich und organisatorisch Möglichen gewährt werden dürfen. Das von der Behindertenrechtskonvention vorgeschriebene inklusive Schulkonzept scheint in den Ländern eher noch Ausnahme zu sein. So wird 2006 in Deutschland eine halbe Million behinderter Kinder sonderpädagogisch gefördert, doch nur 15,7% nehmen am gemeinsamen Unterricht teil. In den Ländern müssen daher inklusive Angebote ausgebaut werden, damit alle Schüler im Sinne der Konvention inklusiv beschult werden Poscher/Rux/Langer zeigen hier deutlich auf, wo die Schwächen und Stärken der Konvention liegen, die 2008 in Kraft treten sollte, für die jedoch im Bildungssystem kaum etwas getan wird. Der Übersetzungsfehler vom Englischen ins Deutsche (inklusiv wird mit integrativ übersetzt) macht klar, dass die deutsche Bildungspolitik bisher wohl nicht verstanden hat, dass beide Begriffe völlig unterschiedliche Ansätze bezeichnen. Es wurde vielmehr der Eindruck erweckt, als es ginge es nur um die Optimierung bereits bestehender Integration. Dass dies jedoch ein brisantes, aktuelles Thema ist, was näher in den Blickpunkt geraten soll, zeigt die erste Klage, die auf Basis der Konvention bereits eingereicht wurde. Es heißt abzuwarten, ob die praktischen Umsetzungen bald folgen mögen.

Das Zusammenleben von Menschen mit und ohne Behinderung steht schon seit dem 17. Jahrhundert im bildungspolitischen Kontext. Bereits zu der Zeit wurden die ersten Sonderschulen für Taubstumme oder Blinde errichtet. Doch erst seit Ende des 19. Jahrhunderts wurde die sogenannte Hilfsschule für Menschen mit einer geistigen Behinderung von Stötzner ins Leben gerufen.

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Es folgten viele bildungspolitische Entscheidungen. Integrative Ansätze der 70er Jahre sollten den Ausschluss der Menschen mit Behinderung verhindern und daher wurden zu dieser Zeit in den deutschen Schulen vermehrt behinderte- und nicht-behinderte Kinder gemeinsam unterrichtet. Ziel war es, die beeinträchtigten Kinder in bestehende Verhältnisse zu integrieren, um ihnen einen besseren Anschluss an die Gesellschaft zu ermöglichen. Das dies nicht das Ziel der Pädagogik und Politik sein kann, wurde durch kritische Stimmen zu Beginn des 21. Jahrhunderts deutlich.

2006 wurde daher die Behindertenrechtskonvention durch die Vereinten Nationen entwickelt, die in diesem Buch näher behandelt wird.

Poscher/Rux/Langer verdeutlichen hier die aktuellen kritischen Aspekte des deutschen Bildungssystems, indem sie auf die Behindertenrechtskonvention verweisen, die ein erstes völkerrechtliches Abkommen über soziale und kulturelle Rechte ist, das Einzelnen erlaubt, mit völkerrechtlichen Individualbeschwerden gegen die Verletzung durch Vertragsstatten vorzugehen. Da auch Deutschland diese Konvention 2007 unterschrieb und 2008 ratifizierte, weisen die Autoren zunächst die Verpflichtungen dieser Behindertenrechtskonvention auf und nehmen in einem zweiten Teil die innerstaatliche Umsetzung der einzelnen Bundesländer genauer ins Visier. Die Bestimmung verpflichtet alle Unterzeichnerstaaten zur Errichtung eines inklusiven Schulsystems, in dem gemeinsamer Unterricht Regelfall ist. Dies bedeutet, dass alle Kinder trotz ihrer Heterogenität im Schulsystem gemeinsam unterrichtet werden und es nicht das Privileg eines behinderten Kindes sein muss, in einer Regelschule unterrichtet zu werden.

Alle Staaten streben durch die Unterschrift die Verwirklichung der Verpflichtungen zur Sicherstellung der gleichen Ausübung sämtlicher Menschenrechte für alle Menschen mit Behinderungen sowie der Garantie dieser Rechte an und sollen dadurch den Abbau physikalischer, sozialer und kultureller Barrieren, welche die Teilnahme von behinderten Menschen verhindern, ansteuern. Nach Artikel 24 der Konvention hat nun jeder Mensch Recht auf Bildung, was auf das gesamte Bildungssystem bezogen wird.

Die Länder, die dieser Konvention zustimmen, sollen ab sofort die Inklusion über die Integration stellen, denn während integrative Erziehung vorrangig Anpassungsleistung von behinderten Schülern an bestehende Schulstrukturen verlangt, setzt inklusive Erziehung auf die Anpassung des Schulwesens an die Kinder. 80-90% soll diese Inklusionsquote erreichen, was bedeutet, dass nur wenige Kinder nicht an den allgemeinen Schulen unterrichtet werden. Durch individuelle Unterstützungen, unentgeltlichen Unterricht und Einstellung qualifizierte Lehrer soll dieser gemeinsame inklusive Unterricht nach Ansicht der Konvention erreicht werden. Durchführung und Überwachung der Verpflichtungen finden hierbei auf nationaler und internationaler Ebene statt.

Schaut man sich die Darstellung der Autoren zu den einzelnen Bundesländern an, sieht man oft die Schranken, die dieser Verpflichtung entgegenstehen, denn in vielen Ländern betont der Gesetzgeber, dass die Länder nicht verpflichtend sind, alle Formen integrativer Beschulung bereitzuhalten, sondern diese Maßnahmen nur nach Maßgabe des personal, sachlich und organisatorisch Möglichen gewährt werden dürfen. Das von der Behindertenrechtskonvention vorgeschriebene inklusive Schulkonzept scheint in den Ländern eher noch Ausnahme zu sein. So wird 2006 in Deutschland eine halbe Million behinderter Kinder sonderpädagogisch gefördert, doch nur 15,7% nehmen am gemeinsamen Unterricht teil. In den Ländern müssen daher inklusive Angebote ausgebaut werden, damit alle Schüler im Sinne der Konvention inklusiv beschult werden

Poscher/Rux/Langer zeigen hier deutlich auf, wo die Schwächen und Stärken der Konvention liegen, die 2008 in Kraft treten sollte, für die jedoch im Bildungssystem kaum etwas getan wird. Der Übersetzungsfehler vom Englischen ins Deutsche (inklusiv wird mit integrativ übersetzt) macht klar, dass die deutsche Bildungspolitik bisher wohl nicht verstanden hat, dass beide Begriffe völlig unterschiedliche Ansätze bezeichnen. Es wurde vielmehr der Eindruck erweckt, als es ginge es nur um die Optimierung bereits bestehender Integration.

Dass dies jedoch ein brisantes, aktuelles Thema ist, was näher in den Blickpunkt geraten soll, zeigt die erste Klage, die auf Basis der Konvention bereits eingereicht wurde. Es heißt abzuwarten, ob die praktischen Umsetzungen bald folgen mögen.

geschrieben am 07.09.2009 | 639 Wörter | 4254 Zeichen

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