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Rezension von

Claudia Vogel

Ganz unten Im März 1983 gab der Autor Günter Wallraff die folgende Anzeige auf: „Ausländer, kräftig, sucht Arbeit, egal was, auch Schwerst- und Drecksarb., auch für wenig Geld [...]“ (1) Damit beginnt eine Reihe unglaublich klingender Erzählungen aus der bundesdeutschen Arbeitswelt der frühen achtziger Jahre. Zu Beginn schlüpft der Autor in die Rolle des Türken Ali – mithilfe verschiedener Spezialisten übernimmt Wallraff die Identität des Levent (Ali) Sinirlioglu. Zweck des Experiments war es, die Verhältnisse zu zeigen, in denen ausländische Arbeitskräfte – einst mit großem Aufwand nach Deutschland geholt – häufig ihre Dienste verrichten durften mussten. Dabei lässt der Autor nichts aus: Erste Stationen sind eine Reitstallsanierung und ein Bauernhof. Während es bei ersterer bei Feindseligkeiten blieb, wurde der türkische Arbeiter auf dem Lande besser ganz versteckt, um dem guten Ruf der Hofbesitzer nicht zu schaden. Weiter berichtet Wallraff von einer kleinen, aber nicht minder erschreckenden, Episode während eines Fußballspiels, in dessen Verlauf er sein türkisches Ich nahezu aufgab, um nicht Opfer neonazistischer Gewalt zu werden. Es folgt eine kurze, recht unterhaltsame, Episode über die Geschäftspraktiken einer großen Fast-Food-Kette, um dann von Alis größtem Arbeitgeber gefolgt zu werden. Über viele Kapitel hinweg beschreibt Wallraff seinen Weg in einer großen Leiharbeiter-Firma, deren Chef mit einiger krimineller Energie ausgestattet ist und seine Arbeiter alles machen lässt, womit sich ein guter Profit verdienen lässt. Freilich sehen Ali und seine Kollegen davon nur wenig. Die Identifikation wird schließlich perfekt, als Wallraff sich in unmittelbarer Nähe seines Arbeitsortes niederlässt, der der Beschreibung eines englischen Arbeiterviertels am Ausgang des 19. Jahrhunderts nicht unähnlich ist. Wallraff hat mit seinem Buch einiges bewegt. Die im Buch enthaltene Dokumentation scheint deutlich zu zeigen, wie viel sich in Politik und Wirtschaft nach Erscheinen des Buches getan hat. Zahlreiche Prozesse gegen den Autor, aber auch große politische Maßnahmen gegen ausbeuterische und kriminelle Tendenzen bei der Verleihung von Arbeitskräften, waren nur einige Folgen von Wallraffs Wirken. Dennoch erscheint das Werk insgesamt sehr plakativ. Letztlich ist es eine Zusammenstückelung zahlreicher – teils komisch anmutender, teils tragischer – Einzelerlebnisse, die über den investigativen Charakter hinaus leider wenig zu bieten hat. Sprachlich bleibt Wallraff seinem „Helden“ ganz treu und verwendet auch dort, wo es nicht notwendig ist, eine sehr einfache Sprache. Auch die scheinbare Zusammenhangslosigkeit der einzelnen Kapitel und eingeschobenen Sachinformationen, die den eigentlichen Text teilweise für eine oder mehrere und mehr Seiten unterbrechen, verhindern ein fortlaufendes „Lesevergnügen“. Gleiches gilt auch für die angefügte Dokumentation, die besonders im ersten Teil nur aus zusammengewürfelten Zeitungsausschnitten zu bestehen scheint. Alles in allem hat Günter Wallraff mit diesem Buch etwas bewegen wollen und auch tatsächlich etwas bewegt. Wenngleich viele der damaligen Probleme auch heute noch existieren, so ist dem Werk doch der hohe persönliche Einsatz, unter dem es entstand, sehr zugutezuhalten. Über sprachliche Feinheiten mag man dabei gern hinweg sehen. (1) Wallraff, S. 11, 1985

Im März 1983 gab der Autor Günter Wallraff die folgende Anzeige auf: „Ausländer, kräftig, sucht Arbeit, egal was, auch Schwerst- und Drecksarb., auch für wenig Geld [...]“ (1)

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Damit beginnt eine Reihe unglaublich klingender Erzählungen aus der bundesdeutschen Arbeitswelt der frühen achtziger Jahre. Zu Beginn schlüpft der Autor in die Rolle des Türken Ali – mithilfe verschiedener Spezialisten übernimmt Wallraff die Identität des Levent (Ali) Sinirlioglu.

Zweck des Experiments war es, die Verhältnisse zu zeigen, in denen ausländische Arbeitskräfte – einst mit großem Aufwand nach Deutschland geholt – häufig ihre Dienste verrichten durften mussten.

Dabei lässt der Autor nichts aus: Erste Stationen sind eine Reitstallsanierung und ein Bauernhof. Während es bei ersterer bei Feindseligkeiten blieb, wurde der türkische Arbeiter auf dem Lande besser ganz versteckt, um dem guten Ruf der Hofbesitzer nicht zu schaden.

Weiter berichtet Wallraff von einer kleinen, aber nicht minder erschreckenden, Episode während eines Fußballspiels, in dessen Verlauf er sein türkisches Ich nahezu aufgab, um nicht Opfer neonazistischer Gewalt zu werden.

Es folgt eine kurze, recht unterhaltsame, Episode über die Geschäftspraktiken einer großen Fast-Food-Kette, um dann von Alis größtem Arbeitgeber gefolgt zu werden.

Über viele Kapitel hinweg beschreibt Wallraff seinen Weg in einer großen Leiharbeiter-Firma, deren Chef mit einiger krimineller Energie ausgestattet ist und seine Arbeiter alles machen lässt, womit sich ein guter Profit verdienen lässt. Freilich sehen Ali und seine Kollegen davon nur wenig.

Die Identifikation wird schließlich perfekt, als Wallraff sich in unmittelbarer Nähe seines Arbeitsortes niederlässt, der der Beschreibung eines englischen Arbeiterviertels am Ausgang des 19. Jahrhunderts nicht unähnlich ist.

Wallraff hat mit seinem Buch einiges bewegt. Die im Buch enthaltene Dokumentation scheint deutlich zu zeigen, wie viel sich in Politik und Wirtschaft nach Erscheinen des Buches getan hat.

Zahlreiche Prozesse gegen den Autor, aber auch große politische Maßnahmen gegen ausbeuterische und kriminelle Tendenzen bei der Verleihung von Arbeitskräften, waren nur einige Folgen von Wallraffs Wirken.

Dennoch erscheint das Werk insgesamt sehr plakativ. Letztlich ist es eine Zusammenstückelung zahlreicher – teils komisch anmutender, teils tragischer – Einzelerlebnisse, die über den investigativen Charakter hinaus leider wenig zu bieten hat. Sprachlich bleibt Wallraff seinem „Helden“ ganz treu und verwendet auch dort, wo es nicht notwendig ist, eine sehr einfache Sprache. Auch die scheinbare Zusammenhangslosigkeit der einzelnen Kapitel und eingeschobenen Sachinformationen, die den eigentlichen Text teilweise für eine oder mehrere und mehr Seiten unterbrechen, verhindern ein fortlaufendes „Lesevergnügen“. Gleiches gilt auch für die angefügte Dokumentation, die besonders im ersten Teil nur aus zusammengewürfelten Zeitungsausschnitten zu bestehen scheint.

Alles in allem hat Günter Wallraff mit diesem Buch etwas bewegen wollen und auch tatsächlich etwas bewegt.

Wenngleich viele der damaligen Probleme auch heute noch existieren, so ist dem Werk doch der hohe persönliche Einsatz, unter dem es entstand, sehr zugutezuhalten. Über sprachliche Feinheiten mag man dabei gern hinweg sehen.

(1) Wallraff, S. 11, 1985

geschrieben am 30.01.2008 | 465 Wörter | 2872 Zeichen

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